Terror-Geschäfte:Geheimdienste tricksen Waffendealer aus

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Der Brite hatte geplant, eine russische Boden-Luft-Rakete an muslimische Terroristen zu verkaufen, die ein Passagierflugzeug abschießen wollten. Doch bei den russischen Verkäufern der Waffe und den angeblichen Käufern in den USA handelte es sich um verdeckte Ermittler.

In einer Aktion wie aus einem Spionage-Thriller haben US-Sicherheitsbehörden einen britischen Waffenhändler festgenommen, der offenbar muslimischen Terroristen in den USA moderne russische Flugabwehrraketen verkaufen wollte.

Der Mann sei bei einem "Verkaufsgespräch" mit einem verdeckten FBI-Ermittler im US-Staat New Jersey festgenommen worden, hieß aus amerikanischen Justizkreisen. Er sei bereit gewesen, muslimischen Terroristen höchst effektive Raketen zu verkaufen, die von der Schulter aus abgefeuert werden können.

Hinweis aus St. Petersburg

Die Ermittlungen der US-Bundespolizei waren vor fünf Monaten durch einen Hinweis ausgelöst worden, dass in St. Petersburg ein Waffenschmuggler Interesse an den Flugabwehrraketen gezeigt habe, die als ernste Bedrohung für zivile Passagierflugzeuge gelten.

Nach dem Tipp über die Aktivitäten des Händlers sei dem FBI von Präsident Putin erlaubt worden, in Russland zu ermitteln, sagten US-Beamte. Neben dem FBI seien auch die US-Einwanderungsbehörde, der Zoll und der Secret Service an den Ermittlungen beteiligt gewesen.

Die britischen Behörden, darunter der Inlandsgeheimdienst MI5, ermittelten die Identität des Schmugglers. Wie sich herausstellte, handelte es sich bei dem Mann um einen Briten indischer Abstammung, der versuchte, eine tragbare russische Rakete des Typs SA-18 zu kaufen. Den Angaben zufolge bot er korrupten russischen Militärvertretern für die Waffe 85.000 Dollar (etwa 75.000 Euro) an. Bei den angeblichen Militärs handelte es sich jedoch um verdeckte Ermittler.

Als medizinisches Gerät deklariert

Um den Handel echt aussehen zu lassen lieferte Russland eigens eine entschärfte Version der Rakete, die als medizinisches Gerät deklariert per Schiff in die USA geschafft wurde.

Der Waffenhändler holte die Waffe in den USA ab und wollte sie den als Terroristen auftretenden FBI-Agenten verkaufen.

Der Händler wurde demnach zweimal getäuscht -von angeblichen russischen Militärs, die ihm eine Rakete anboten, und von angeblichen Extremisten in den USA, die die Waffe kaufen wollten. Ob der Deal soweit gediehen wäre ohne die "Unterstützung" der Geheimdienste, bleibt offen. Offensichtlich war der Mann aber bereit, für seine Waffengeschäfte Terroristen zu unterstützen.

Zwei weitere Verdächtige aus Afghanistan und Pakistan wurden festgenommen, die den Kauf mitfinanziert haben sollen. Die drei Männer sollten noch am Mittwoch einem Haftrichter vorgeführt werden. Das FBI kündigte weitere Festnahmen an.

Neue Stufe bei der Kooperation

Der Sprecher des russischen Geheimdienstes FSB, Sergej Ignatschenko, würdigte nach einer Meldung der Moskauer Nachrichtenagentur ITAR-Tass die gute Zusammenarbeit bei den Ermittlungen. "Diese Aktion markiert eine neue Stufe bei der Entwicklung der Kooperation der Geheimdienste dieser drei Länder", sagte er.

Die in Newark erscheinende Zeitung The Star-Ledger berichtete, der britische Verdächtige solle der materiellen Unterstützung des Terrorismus und des Waffenschmuggels beschuldigt werden.

Zu den Beweismitteln gehörten Ton- und Videoaufzeichnungen, in denen der Brite Sympathien für Osama bin Laden äußere und die Anschläge vom 11. September 2001 als "gute Sache" bezeichne.

SA-18: eine effektive tragbare Rakete

Bei der SA-18, die der Brite verkaufen wollte, handelt es sich um eine tragbare Rakete mit einer Reichweite von bis zu fünf Kilometern, die auf der Schulter aufliegend abgeschossen wird und Passagierflugzeuge beim Landeanflug, bei Landung oder Start treffen könnte.

Sie ähnelt den russischen Sam-7- und den amerikanischen Stinger-Raketen, die während des Afghanistankriegs in den 80er Jahren von den Mudschaheddin gegen die sowjetischen Besatzer eingesetzt wurden. Die SA-18 Igla gehört zu den effektivsten Waffen dieser Art.

Auf dem internationalen Schwarzmarkt für Waffen werden hunderte, wenn nicht tausende Flugabwehrraketen vermutet. Seit Monaten warnen die USA vor der wachsenden Bedrohung durch Terroranschläge mit Hilfe derartiger Raketen.

Ende November war eine israelische Linienmaschine kurz nach ihrem Start im kenianischen Mombasa nur knapp einem Raketenbeschuss entkommen.

Im Mai verfehlte eine weitere Rakete einen Jet der US-Luftwaffe bei seinem Start von der saudiarabischen Prince Sultan Air Base. Für beide Anschläge macht Washington das internationale Terrornetzwerk al Qaida verantwortlich.

Auch tschetschenische Rebellen benutzten in der vergangenen Woche eine Rakete, um einen russischen Hubschrauber abzuschießen. Drei Besatzungsmitglieder wurden dabei getötet. Bereits im vergangenen Jahr schossen Tschetschenen einen russischen Transporthubschrauber ab, in dem mehr als 100 Menschen umkamen.

(sueddeutsche.de/AP/Curt Anderson/AFP)

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