Terror-Anschläge vom 11. März:Zapatero: Aznar ließ alle Daten löschen

Lesezeit: 2 min

Der spanische Ministerpräsident hat seinen Vorgänger vor einem Untersuchungsausschuss beschuldigt, die Bevölkerung "massiv getäuscht" und alle Computer-Daten zu den Attentaten in Madrid gelöscht zu haben.

Von Friedrich Kassebeer

Der spanische Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero hat der Regierung seines Amtsvorgängers José Maria Aznar die Vernichtung sämtlicher Daten zu den Terroranschlägen vom 11. März vorgeworfen.

"Am Regierungssitz gab es kein einziges Papier, keine einzige computergespeicherte Information, weil ein massives Löschmanöver stattfand", sagte Zapatero am Montag vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Anschlägen in Madrid.

Die beauftragte Spezialfirma habe dafür 12.000 Euro von der Nachfolgeregierung kassiert. Bei den Anschlägen islamistischer Terroristen starben 192 Menschen, mehr als 1400 wurden verletzt.

Zapatero erschien als erster amtierender spanischer Regierungschef vor einem Untersuchungsausschuss und trat entschieden der Behauptung Aznars vor dieser Kommission entgegen, das mögliche Zusammenspiel zwischen baskischen Eta-Separatisten und islamistischen Terroristen sei noch nicht geklärt.

Die Spanier seien zwischen dem 11. März und den Wahlen am 14. März von Aznar und dessen Regierung durch ständige Hinweise auf die Täterschaft der Eta "massiv getäuscht" worden. Der zunehmenden Bedrohung durch Islamisten sei man vorher nicht genügend begegnet. Zapatero forderte die Volkspartei PP auf, sich endlich vom "Trauma der Wahlniederlage" zu lösen.

Der Fraktionssprecher von Aznars PP, Eduardo Zaplana, sagte, drei Millionen Wähler hätten wegen der schrecklichen Geschehnisse für den Wahlsieg der PSOE gesorgt, der nicht anzuzweifeln sei. Sozialisten hätten aber durch Demonstrationen vor der PP-Zentrale am Vorabend der Wahl demokratische Regeln verletzt.

Zaplana warf dem Regierungschef erneut vor, durch den Rückzug der spanischen Truppen aus dem Irak das Vertrauen der USA verspielt und damit die Zusammenarbeit gegen den Terrorismus gestört zu haben.

Spanien weiter unter "hohem Risiko"

Zapatero rechtfertigte die Entscheidung erneut damit, dass der Irakkrieg nicht nur illegal und nutzlos, sondern, wie sich zeige, schädlich für den gemeinsamen Kampf gegen den internationalen Terrorismus sei. Spanien sei infolge der Personalverstärkung bei Polizei und Geheimdienst heute besser geschützt vor radikalen Islamisten, stehe aber unter "hohem Risiko".

Zapatero schlug den demokratischen Parteien einen "Pakt des Staates" gegen den internationalen Terrorismus vor und erinnerte daran, dass der von ihm als Oppositionsführer einst mit der PP geschlossene Pakt gegen den Eta-Terror angesichts der erkennbaren Schwächung der baskischen Separatisten Wirkung gezeigt habe.

Zapatero hatte am Sonntagabend in Übereinstimmung mit seinem Innenminister beschlossen, Polizeichef Victor Garcia Hidalgo über den Abbruch des Fußballspiels Real Madrid gegen Real Sociedad San Sebastian entscheiden zu lassen, nachdem ein Anrufer um 20.15 Uhr im Namen der Eta gedroht hatte, um 21 Uhr werde im Bernabeu-Stadion von Madrid eine Bombe explodieren.

Der Polizeichef ordnete von der Ehrenloge aus beim Stand von 1:1 in der 88. Minute ohne Begründung die Räumung des Stadions an. 70.000 Zuschauer verließen die Arena, ohne Anzeichen von Panik, wie am Tag danach mit Respekt kommentiert wurde. Die Bombendrohung erwies sich später als übler Scherz.

© SZ vom 14.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: