Technik versagt:Biometrische Software erkennt Terroristen nicht

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Biometrische Daten haben es bis auf den deutschen Reisepass geschafft. Für die Terrorfahndung taugt die Technik aber noch nicht. Das BKA hat computergestützte Kamerasysteme getestet - und ist enttäuscht.

Das Bundeskriminalamt hat vom Einsatz biometrischer Kamerasysteme zur Fahndung nach Terroristen und Gewalttätern abgeraten. Beim weltweit ersten Feldversuch unter Alltagsbedingungen hätten die eingesetzten Systeme im Mainzer Hauptbahnhof eine durchschnittliche Trefferquote von nur rund 30 Prozent erzielt, sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke.

Selbst bei optimalen Lichtverhältnissen habe die Treffergenauigkeit maximal nur 60 Prozent betragen. "Ich werde dem Bundesinnenminister nicht die Einführung der fotogestützten Biometriefahndung zur Terrorismusbekämpfung empfehlen", sagte Ziercke.

Das polizeiliche Ziel, Terrorverdächtige, Hooligans oder Vermisste mit Hilfe von computergestützten Kamerasystemen aus einer Menschenmenge herauszufischen, sei mit der derzeit zur Verfügung stehenden Technik nicht zu erreichen.

Der Einsatz sei nur sinnvoll, wenn die Trefferquote bei nahezu 100 Prozent liege, sagte der BKA-Präsident. Ein System mit einer Treffergenauigkeit von 30 Prozent sei für den polizeilichen Einsatz ungeeignet.

Das BKA hatte in dem Feldversuch zwischen dem 9. Oktober 2006 und dem 31. Januar 2007 täglich rund 23.000 Reisende im Ausgangsbereich des Mainzer Hauptbahnhofs gefilmt und mit Lichtbildern in einer speziell für das Projekt angelegten "Fahndungsdatei" abgeglichen.

Gesucht wurde dabei nach 200 Freiwilligen, die als Pendler den Bahnhof mindestens einmal täglich passierten. Getestet wurden computergestützte Systeme dreier Hersteller, die die Gesichter der Gesuchten in Echtzeit identifizieren sollten.

Datenschützer befürchtet Totalüberwachung

Nach Angaben des BKA ist die Treffergenauigkeit der getesteten Systeme stark abhängig von den Lichtverhältnissen. So erreichten die Systeme ihre optimale Leistung lediglich vom späten Vormittag bis zum frühen Nachmittag, während die Trefferquote vor 8.00 und nach 17.00 Uhr nur noch etwa 20 Prozent betrug.

Projektleiter Andrew Pretzel betonte, die Weiterentwicklung der Technik biete hier in einigen Jahren wahrscheinlich neue Möglichkeiten. Dazu zähle insbesondere der Einsatz neuer, hoch auflösender Digitalkameras. Trotz der Negativbilanz bezeichneten die Hersteller elektronischer Sicherheitssysteme den Feldversuch als Erfolg.

Die getesteten Systeme hätten ihre Einsatztauglichkeit bewiesen, sagte Michael von Foerster, Sprecher des Fachverbands Sicherheitstechnik im Zentralverband der Elektroindustrie (ZVEI). Gehe es darum, einzelne Personen aus einer Menschenmasse herauszufiltern, arbeiteten biometrische Systeme deutlich effektiver als ein menschliches Gehirn.

Dagegen machte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, erneut Vorbehalte gegen die Foto-Fahndung deutlich. Die niedrigen Erkennungsraten könnten dazu führen, dass auch unbescholtene Bürger in Verdacht gerieten und sich rechtfertigen müssten. Der Einsatz biometrischer Systeme dürfe zudem nicht zu einer Totalüberwachung führen.

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