Tarifstreit:Durchbruch in Niedersachsen

Lesezeit: 2 min

Nach wochenlangem Streik haben Kommunen und Gewerkschaften in Hannover einen "Kompromiss auf Augenhöhe" gefunden. In Baden-Württemberg werden Verdi und die kommunalen Arbeitgeber Schlichter einsetzen.

Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes gibt es für die 120.000 kommunalen Beschäftigten in Niedersachsen eine Einigung.

Nach wochenlangem Streik präsentierten Arbeitgeber und Gewerkschaften in Hannover einen Kompromiss. Danach orientiert sich die Arbeitszeit künftig an der individuellen Belastung der Beschäftigten.

Für besonders anstrengende Berufe etwa bei der Müllabfuhr, in Krankenhäusern oder Kindergärten bleibt es grundsätzlich bei der 38,5-Stunden-Woche. In anderen Bereichen muss dagegen länger gearbeitet werden.

Der Präsident des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Niedersachsen (KAV), Henning Schultz, betonte: "Das ist ein Kompromiss auf Augenhöhe. Ich denke, der kann sich sehen lassen."

Niedersachsen ist nach Hamburg das zweite Bundesland, in dem es eine Einigung im Tarifstreit in den Kommunen gibt. In Hamburg orientierte sich der Abschluss allerdings am Lebensalter der Beschäftigten, dem ihrer Kinder sowie an der Besoldungsgruppe.

Im Tarifkonflikt der Länder ist dagegen nach dem Scheitern der Gespräche vom Wochenende kein Ende der Streiks in Sicht. Sie gehen weiter, weil die Mehrheit der Länder die Einschaltung eines Schlichters ablehnt.

Am Dienstag beteiligten sich Gewerkschaftsangaben zufolge erneut 30.000 Beschäftigte in zehn Bundesländern an dem Ausstand.

Ein Schlichter von der AOK

In Baden-Württemberg hatten Verdi und die Arbeitgeber am Abend erklärt, es würden zwei Schlichter eingesetzt, darunter Roland Sing, der frühere AOK-Chef Baden-Württembergs. Der Streik soll nach Verdi-Angaben aber nicht ausgesetzt werden.

Ein Ergebnis werde bis Sonntag angestrebt. Die Arbeitgeber bestanden bislang auf einer Verlängerung der Arbeitszeit auf 40 Wochenstunden. Verdi kämpft für den Erhalt der Wochenarbeitszeit von 38,5 Wochenstunden.

Bsirske denkt auch bei Ländern über Schlichtung nach

SPD-Fraktionschef Peter Struck hatte gestern die Forderung nach einer Schlichtung auch im Tarifkonflikt bei den Ländern bekräftigt, um den Streik schnell zu beenden. Unionsfraktionschef Volker Kauder lehnte einen solchen Schritt dagegen zum jetzigen Zeitpunkt ab: "Ich halte von einer Schlichtung überhaupt nichts."

Es gebe nach wie vor die Möglichkeit, dass Gewerkschaften und Arbeitgeber zu einer Lösung kämen, so Kauder.

Struck erklärte dagegen, er könne sich "gut vorstellen", dass ein Schlichter zu einem Ergebnis komme, das beide Seiten akzeptierten.

Die Gewerkschaft Verdi ist unter bestimmten Bedingungen zu einem Schlichtungsverfahren auch bei den Ländern bereit.

Gewerkschaftschef Frank Bsirske sagte in Frankfurt am Main: "Ich glaube, dass man über Schlichtung nachdenken muss." Die Tarifunion des Beamtenbundes bezeichnete eine Schlichtung als Ausweg.

Länder weiterhin uneins

Die Länder waren sich allerdings weiterhin uneins. Die CDU-Ministerpräsidenten Christian Wulff (Niedersachsen) und Dieter Althaus (Thüringen) lehnten eine Schlichtung ab, für die der rheinland-pfälzische Regierungschef Kurt Beck (SPD) erneut plädierte.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) schloss ein solches Verfahren angesichts des wochenlangen Streikes nicht mehr völlig aus.

© AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: