Taiwan:Attentat im Vorfeld der Präsidentschaftswahl

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Der während einer Wahlveranstaltung verletzte Amtsinhaber Chen Shui-bian hat das Krankenhaus bereits wieder verlassen. Der Wahlkampf des Präsidenten war wegen eines Referndums umstritten, mit dem er am Wahltag die Bevölkerung über den Kauf von Raketen zum Schutz gegen die Volksrepublik China abstimmen lassen will.

Der 53-jährige Präsident erlitt bei dem Attentat eine 11 Zentimeter lange Bauchverletzung. Die 59-jährige Vizepräsidentin trug einen Streifschuss am rechten Knie davon, wie das Präsidentenbüro in Taipeh berichtete.

Schui-bian rief das Volk nach dem Anschlag zur Ruhe auf. Fünf Stunden später wurde er aus dem Krankenhaus entlassen. Seine Familie wurde zur Sicherheit in den Präsidentenpalast gebracht.Die Präsidentenwahl am Samstag werde wie geplant abgehalten, berichtete die Wahlkommission.

Die Kugel hatte die Windschutzscheibe des offenen Autos durchschlagen, in dem der Präsident und seine Vizepräsidentin in einem Konvoi durch die Straßen von Taiwan, der Heimatstadt Chen Shui-bians, fuhren.

Das Geschoss wurde im Cabrio der beiden Politiker gefunden. Die Sicherheitsbehörden ermittelten, bislang wurde jedoch noch kein Schütze festgenommen. In Berichten war die Rede von einem möglichen zweiten Schuss.

Viele Anhänger Chen Shui-bians hatten sich um das Krankenhaus und das Hauptquartier der Fortschrittspartei (DPP) versammelt. Die oppositionelle Kuomintang verurteilte den Gewaltakt. Mit Blick auf die Schlussphase des Wahlkampfes forderte sie die sofortige Offenlegung aller Fakten.

Chen ist seit vier Jahren Präsident. Bei der Wahl im Jahr 2000 gelang es seiner Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) zum ersten Mal, die seit 1949 in Taiwan regierenden Nationalisten zu besiegen.

Nach Umfragen vor dem Zwischenfall lag Chen Shui-bian mit seinem Herausforderer Lien Chan in einem Kopf-an-Kopf-Rennen, das durch viele Unentschlossene unter den 16 Millionen Wählern entschieden werden dürfte.

Wahlkampf von Raketen-Referendum geprägt

Der Wahlkampf des charismatischen Präsidenten war vom Streit um ein Referendum geprägt, das am Samstag gleichzeitig mit der Präsidentschaftswahl abgehalten werden soll.

Darin will Chen die Bevölkerung über den Kauf von Raketen zum Schutz gegen die Volksrepublik China abstimmen lassen.

Die chinesische Regierung in Peking sieht in dem Referendum einen Schritt zu einer Unabhängigkeitserklärung. Sie betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz. Chinas staatliche Medien berichteten selbst Stunden nach dem Schuss nicht über den Schuss. Entsprechend blieb eine Reaktion der Regierung aus.

Aber auch in zahlreichen westlichen Ländern wie Deutschland und den USA ist Chens Vorhaben auf Kritik gestoßen. Die internationale Gemeinschaft befürchtet eine weitere Destabilisierung der Sicherheitslage zwischen China und Taiwan.

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