Was hat Peter Sartorius nicht schon alles erlebt. 1969 war er wochenlang in den USA, um über die Mondlandung zu schreiben. Während der Balkankriege in den 1990ern verbrachte er viel Zeit in Bosnien, Kroatien und Serbien. Man hat ihn mal in New York überfallen, und in Korea erhielt er ein weißes Hemd geschenkt, das er lange Zeit in seiner Schreibtischschublade aufbewahrte, weswegen es ein sehr besonderes Hemd gewesen sein musste. Ach ja, und dann gewann er außerdem noch neben etlichen anderen Preisen dreimal den Kisch-Preis. Der Kisch-Preis war einmal der bedeutendste deutsche Reportage-Preis. Niemand hat ihn dreimal gewonnen, nur Sartorius.
An diesem Mittwoch wird Peter Sartorius, einer der ganz großen SZ-Reporter, 80 Jahre alt. Geboren ist er in Tuttlingen. Und trotz seiner Weltläufigkeit ist er in mancherlei Hinsicht immer Schwabe geblieben. Man hört das nicht nur bis heute an seiner Sprachfärbung. Wer etwa als Redakteur erleben durfte, wie der wirklich beeindruckend schreibende Autor Sartorius mit einem Stapel kleinformatiger, selbst aufgenommener Farbfotos an den Schreibtisch trat, um möglichst viele dieser Fotos zur Illustration der eigenen Geschichte noch auf der Seite Drei zu platzieren (pro Bild gab es 80 Mark extra), der ahnte, was alles dazu gehören kann, um ein großer Reporter zu sein.
Bevor er 1973 in die SZ-Redaktion eintrat, war Sartorius beim Schwarzwälder Boten, bei der Stuttgarter Zeitung und bei den Nürnberger Nachrichten. Für die SZ arbeitete Sartorius einerseits als ein sehr gewissenhafter Redakteur auf der Seite Drei. Viele lernten bei ihm, manche rangen mit ihm um Dinge, die sie für besonders gelungen hielten, er aber nicht. Gernot Sittner und Peter Sartorius gestalteten und formten über lange Jahre hinweg die große Reportageseite. Sie waren Redakteure, wie man sie sich als Reporter nur wünschen konnte.
Andererseits aber war Peter Sartorius eben selbst auch ein Reporter. Er hatte Lieblingsthemen wie American Football, die Luft- und Raumfahrt oder Hongkong. Erdbeben faszinierten ihn so sehr, dass er manchmal über The Big One, das große, schreckliche Erdbeben, das es irgendwann in Kalifornien geben wird, so sprach, als warte er nur darauf. Wenn er verreiste, tat er das gründlich. Wenn er schrieb, schrieb er lang. Einmal, diese Geschichte gehört zu den Mythen der alten SZ, genehmigte ihm die damalige Chefredaktion einen Überlauf von der Drei auf die Seite Fünf. Der Text war zu lang für eine Zeitungsseite. Es handelte sich um eine Reportage über den Fischfang in der Nordsee; Sartorius war tagelang auf dem Fischdampfer unterwegs, obwohl er selbst keinen Fisch isst. Die Geschichte brachte ihm 1977 seinen ersten Kisch-Preis ein.
Der Reporter wurde 1989 selbst Ressortleiter auf der Seite Drei, bevor er sich dann in den Neunzigerjahren wieder ganz dem relativ freien Dasein als oft reisender Berichterstatter widmete. Es waren die großen Umbruchzeiten, die deutsche Vereinigung, der Jugoslawienkrieg, der Untergang des sowjetischen Imperiums. Sartorius fuhr hin, schaute, fragte und schrieb auf. Damals hatte die große Reportage noch eine andere Funktion als heute, auch weil es nicht die Illusion gab, dass jeder mit einem Smartphone schon eine Geschichte erzählen kann. Peter Sartorius kann Geschichten erzählen.
Trotz eines sehr kurzen Ausflugs in eine Hamburger Redaktion blieb er der SZ immer treu - nicht nur als Redakteur und Reporter, sondern auch als einer, der sich intensiv um die Ausbildung von Volontärinnen und Volontären kümmerte. Er ist bis heute ein leidenschaftlicher Zeitungsmann. Das ist gut für ihn und schön für die Zeitung.