Stutthof-Prozess:Zweifel an Zeugenaussage

Der ehemalige SS-Wachmann Bruno D. ist wegen Beihilfe zum Mord in 5230 Fällen angeklagt. Nun gibt es erhebliche Zweifel an der Aussage eines Belastungszeugen. (Foto: Georg Wendt/dpa)

Einer der Nebenkläger im Verfahren gegen den ehemaligen SS-Wachmann Bruno D., der 76-jährige Moshe Peter Loth, steht im Verdacht, mit seiner Lebensgeschichte das Gericht getäuscht zu haben. Der Mann hat vorgegeben, zu jener Zeit im KZ Stutthof geboren worden zu sein, als der wegen Beihilfe zum Mord in 5230 Fällen angeklagte Bruno D. dort Dienst schob. Seine Mutter sei Halbjüdin gewesen, an ihm selbst seien als Säugling medizinische Experimente vorgenommen worden. Nach Recherchen des Magazins Spiegel sollen diese Angaben falsch sein. Loths Mutter sei nicht jüdisch gewesen, habe lediglich für wenige Wochen im Jahr 1943 in Stutthof in "Erziehungshaft" gesessen, nicht aber zu jener Zeit, als der Angeklagte Bruno D. dort Wachmann war. Der Rechtswissenschaftler Cornelius Nestler, der im Hamburger Prozess eine Stutthof-Überlebende vertritt, kritisierte den Nebenkläger Loth: Er habe schon vor der Spiegel-Berichterstattung bemerkt, dass dessen Geschichte nicht stimmen könne, habe das Verfahren aber "nicht mit einem Nebenschauplatz belasten" wollen. Man müsse der Sache "schonungslos nachgehen", Loth habe "mithilfe seiner Anwälte das Gericht getäuscht", um eine eindrucksvolle Geschichte aufzutischen. So etwas könne das Vertrauen auch in andere Zeugen solcher Verfahren erschüttern. Loth hatte im Gericht den Angeklagten mit den Worten umarmt: "Ich werde ihm vergeben." Seine Anwälte haben neue Unterlagen eingereicht, um die Darstellung ihres Mandanten zu untermauern. Das Gericht prüft.

© SZ vom 07.01.2020 / rtw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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