Stuttgarter NSU-Ausschuss:Aktenschwund

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Baden-Württembergs Verfassungsschutzpräsidentin Beate Bube. (Foto: Marijan Murat/dpa)

Der NSU-Ausschuss untersucht die Umtriebe des Ku-Klux-Klan. Die Präsidentin des Verfassungsschutzes gerät dabei in Erklärungsnot.

Von Tanjev Schultz, Stuttgart

Die Präsidentin des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg, Beate Bube, ist vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags in Erklärungsnot geraten. Mehrere Abgeordnete kritisierten, dass der Verfassungsschutz zunächst nicht alle Akten über die Umtriebe des Ku-Klux-Klan vorgelegt habe. So etwas könne einen "Schatten auf die Behörde" werfen, sagte der CDU-Abgeordnete Matthias Pröfrock. Bube beteuerte, die insgesamt etwa 20 Seiten umfassenden Unterlagen seien dem Ausschuss keineswegs bewusst vorenthalten worden. Man habe sie zunächst nicht für relevant gehalten. In den Akten ist unter anderem von einer Kreuzverbrennung die Rede, die im Sommer des Jahres 2000 bei einer Skinheadfeier erfolgt sein soll. Einer der Teilnehmer soll der Gründer einer Klan-Gruppe im Raum Schwäbisch-Hall gewesen sein, in der zeitweise auch mindestens zwei Polizisten Mitglieder waren. Einer dieser Beamten war später der Truppführer der Polizistin Michèle Kiesewetter, die 2007 ermordet wurde. Die Tat wird dem NSU zugeschrieben. Eine Verbindung zum Ku-Klux-Klan sehen Ermittler nicht, der Ausschuss prüft aber entsprechende Hypothesen.

Bube sagte, sie könne "nicht die Hand dafür ins Feuer legen", dass es womöglich noch vereinzelte weitere Aktenstücke im Landesamt für Verfassungsschutz gebe, in denen irgendein Bezug zum Ku-Klux-Klan auftauche. Bisher seien nur etwa 20 Prozent aller Akten im Landesamt digitalisiert erfasst und durchsuchbar. Alle weiteren Unterlagen müssten "händisch" durchsucht werden. Zwar würden jetzt sämtliche Akten eingescannt, dies sei aber ein "Großprojekt". Man benötige noch etwa ein halbes Jahr dafür. Es müssten noch etwa 120 000 Aktenstücke eingescannt werden, und diese könnten mal zwei, mal 50 Seiten umfassen. Bube sagte, die Aufklärung nach Entdecken des NSU sei ein "Kraftakt" - auch emotional. Die Unterstellung, der Verfassungsschutz würde sein Wissen bewusst zurückhalten, sei "wirklich frustrierend".

© SZ vom 24.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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