Studien des DIW:In der Armut gefangen

Immer weniger Menschen in Deutschland sind von Armut bedroht. Trotzdem sollte man die Situation nicht beschönigen. Die jüngste Entwicklung zeigt auch: Die Schwierigkeiten verfestigen sich.

Felix Berth

Als die Bundesregierung vor einigen Wochen ihren Armutsbericht vorlegte, war bald klar, dass das Werk die Realität nur unzureichend wiedergibt. So verharmlost der Bericht die Wirklichkeit am unteren Rand der Gesellschaft, indem er positive Daten und Entwicklungen herausgreift und lobt, negative Trends aber beschönigt oder umdeutet.

Dennoch stellt der Bericht die Situation schlimmer dar, als sie derzeit wohl ist, weil er auf den veralteten Zahlen des Jahres 2005 beruht - dem Jahr mit der höchsten Arbeitslosigkeit. Dass seitdem Millionen neuer Jobs entstanden und die Armut zurückging, erwähnen die zentralen Statistiken des Berichts noch nicht.

Die neuen Zahlen, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung vorgelegt hat, aktualisieren nun das Bild. So zeigt sich, dass sich die Situation schon zu Beginn des Aufschwungs besserte: Im Jahr 2006 gelang einer Million Menschen der Sprung aus der Armut.

Ein positives Signal, das es in zehn Jahren vorher nicht gegeben hatte. Offensichtlich kam der Aufschwung, der im zweiten Jahr nach den Hartz-Reformen einsetzte, bei vielen Menschen an.

Trotzdem sollte man diese erfreuliche Tatsache nicht erneut dazu benutzen, um die Situation zu beschönigen. Denn die jüngste Entwicklung zeigt auch, dass sich die Schwierigkeiten teilweise verfestigen. Einer wachsenden Zahl von Menschen gelingt es über längere Zeit nicht, sich aus der Armut zu befreien.

Diese Stagnation, die für den Einzelnen grausam perspektivlos wirkt, ist eines der größten Probleme. Unsichere Jobs oder niedrige Löhne sind oft der Anfang des Wegs in die Armut. Wirklich schlimm wird es, wenn es aus dieser Spirale nach unten kein Entrinnen mehr gibt.

© SZ vom 17.09.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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