Streit um Waffengeschäfte mit Libyen:"Mehr als fraglich"

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SPD-Fraktionsvizechef Kolbow fordert, dass die Bundesregierung das Waffengeschäft des Rüstungskonzerns EADS mit Libyen prüft. Unterdessen haben Frankreich und Libyen einen Zusammenhang zwischen der Freilassung der bulgarischen Krankenschwestern und den geplanten Lieferungen abgestritten.

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Walter Kolbow hat die Bundesregierung aufgefordert, eingehend zu prüfen, ob sie dem geplanten Waffengeschäft zwischen dem Rüstungs- und Luftfahrtkonzern EADS und Libyen zustimmen kann. Die Europäische Union verfolge zu Recht auch nach Ende des Waffenembargos eine zurückhaltende Politik gegenüber Libyen, sagte Kolbow dem Handelsblatt mit Blick auf die angekündigte Lieferung von Kommunikationstechnologie und Panzerabwehrraketen.

Kolbow betrachte das Geschäft mit großer Vorsicht. "Ohnehin ist es mehr als fraglich, ein Waffengeschäft mit einer humanitären Aktion zu verbinden", sagte Kolbow mit Anspielung auf die kurz vor Bekanntwerden des Geschäfts stattgefundene Freilassung bulgarischer Krankenschwestern in Libyen.

Sie waren dort gemeinsam mit einem palästinensischen Arzt über Jahre unter der Beschuldigung eingesperrt, Kinder in einem Krankenhaus vorsätzlich mit dem Aids-Virus angesteckt zu haben.

Frankreich und Libyen haben einen Zusammenhang zwischen der Freilassung der bulgarischen Krankenschwestern und dem geplanten Rüstungsgeschäft abgestritten. "Der Vertrag, den Libyen mit EADS abgeschlossen hat, ist nicht im Austausch gegen die Mediziner zustande gekommen", erklärte Seif-ul-Islam Gaddafi, der Sohn des libyschen Staatschefs Muammar Gaddafi. Der Zeitpunkt sei zufällig mit der Freilassung zusammengefallen.

"Günstiges Umfeld"

In Frankreich war wegen der geplanten Waffenlieferung ein politischer Streit entfacht. Der Generalsekretär des französischen Präsidialamts Claude Gueant bestritt Vorwürfe, denen zufolge Sarkozy direkt an den Verhandlungen beteiligt war. "Es hat schon länger Geschäftsverhandlungen zwischen der MBDA und den libyschen Behörden gegeben und wir haben uns nie eingemischt, um sie zu beschleunigen", sagte Gueant der Zeitung Le Figaro.

Er räumte allerdings ein, der Staatsbesuch Sarkozys in Tripolis habe zu einem "günstigen Umfeld" während der Verhandlungen beigetragen.

Die französische Opposition hat eine parlamentarische Untersuchung der Frage gefordert, ob das Rüstungsgeschäft eine Gegenleistung für die Freilassung der bulgarischen Krankenschwestern und des Arztes gewesen ist. Sarkozy habe nichts dagegen einzuwenden, weil es nichts zu verbergen gebe, erklärte Gueant.

Der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS hatte am Freitag bestätigt, dass seine Tochterfirma MBDA 18-monatige Verhandlungen zur Lieferung des Panzerabwehrsystems Milan abgeschlossen habe. Es wäre das erste Rüstungsgeschäft Libyens mit dem Westen seit dem Ende eines Waffenembargos vor drei Jahren.

Rüstungsexporten muss die Bundesregierung nach den Ausfuhrbestimmungen zustimmen. Das "Milan"-Geschäft hat nach Angaben von EADS ein Volumen von knapp 170 Millionen Euro. Das Kommunikationssystem soll von EADS kommen und hat nach Angaben aus mit den Verhandlungen vertrauten Kreisen ein Finanzvolumen von knapp 130 Millionen Euro.

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