Streit um Steinbach:Sudetendeutsche drohen mit Konsequenzen

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Vertriebenen-Vorsitzende Steinbach schließt einen Verzicht auf einen Sitz im Stiftungsrat nicht aus. Der Bund der Sudetendeutschen gibt sich dagegen unnachgiebig.

Die Sudetendeutschen drohen im deutsch-polnischen Streit um eine Gedenkstätte für Vertreibung in Berlin mit einem Ausstieg aus dem Projekt. Erika Steinbach, die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, sei im Stiftungsrat unentbehrlich, betonte der Sprecher der sudetendeutschen Volksgruppe, der CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt, auf der Sudetendeutschen Bundesversammlung in München.

Erika Steinbach, schließt einen Verzicht auf ihren Sitz im Rat der "Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung" nicht kategorisch aus. (Foto: Foto: AP)

Posselt mahnte, die Gedenkstätte dürfe nicht zu einem "Zentrum gegen die Vertriebenen" umfunktioniert werden, das das Schicksal der Heimatvertriebenen nicht wahrheitsgetreu darstelle oder sogar schönrede. Sollte dies geschehen, würden die Sudetendeutschen aus dem Projekt aussteigen und zusammen mit der von Steinbach gegründeten Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen "etwas Eigenes auf die Beine stellen", kündigte der CSU-Europapolitiker an.

Steinbach selbst schließt einen Verzicht auf ihren Sitz im Rat der "Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung" dagegen nach neuesten Meldungen nicht kategorisch aus. Die letzte Entscheidung liege beim Bund der Vertriebenen (BdV), machte sie in der Welt am Sonntag deutlich. "Der Verband hat mich nominiert, und ohne das Votum des Verbandes werde ich keine Entscheidung treffen", unterstrich die CDU-Politikerin. Sie werde das Thema nochmals im Präsidium des Verbands zur Sprache bringen.

Ähnlich hatte sich Steinbach zuvor im Spiegel geäußert. "Das ist eine Entscheidung meines Verbandes, keine persönliche." Steinbachs Nominierung für den Stiftungsrat hatte zu heftigen Protesten aus Polen geführt. Die Nominierung muss vom Bundeskabinett bestätigt werden. Steinbach plädierte für eine schnelle Lösung. "Einen solchen Prozess kann man nicht zu lange hinziehen."

Tusk: "Deutsches Dilemma"

Polens Ministerpräsident Donald Tusk sagte nach einem Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel am Freitagabend, er rechne mit einer baldigen Lösung im Zwist. Tusk und Merkel hatten sich am Rande einer Veranstaltung in Hamburg besprochen. Konkrete Ergebnisse verkündeten sie danach nicht. Doch sagte Tusk dem Spiegel, er rechne mit einer Lösung, ohne dass es zu Verstimmungen zwischen Warschau und Berlin komme. Die Causa Steinbach sei ein "deutsches Dilemma", wird Tusk zitiert. Doch seien die Polen "sehr empfindlich, wenn es um die Verteidigung der Wahrheit über den Zweiten Weltkrieg geht. Da sind wir obsessiv und werden es immer bleiben".

Wegen des Streits um Steinbach gerät Merkel unterdessen in der eigenen Partei unter Druck. Führende Unionspolitiker forderten mehr Unterstützung für die Vertriebenenpolitikerin. "Man muss Frau Steinbach zur Seite stehen, niemand kann ihr vorwerfen, revanchistische Positionen zu vertreten", sagte der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). "Ich hätte mir gewünscht, dass die CDU die Angriffe zurückweist, die ins Unmäßige gehen."

"Erika Steinbach muss als Person vor diesen Angriffen geschützt werden", sagte auch der Vorsitzende der einflussreichen baden-württembergischen CDU-Landesgruppe im Bundestag, Georg Brunnhuber. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht die letzten Getreuen verlieren. So viele haben wir nicht mehr, die uns emotional fest verbunden sind."

Auch der frühere CSU-Chef Erwin Huber sprach sich für eine Benennung Steinbachs aus. "Die Vertriebenen haben das Recht, von ihrer Vorsitzenden vertreten zu sein", sagt Huber. "Polen sollte anerkennen, dass das unsere Entscheidung ist."

© Reuters/AFP/ddp-bay/AP/segi/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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