Streit um Roth/Mixa:"Mixas Ausfälle sollen Debatten vergiften"

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Die Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke, behauptet, dass Bischof Mixa und sein Umfeld bewusst Vergleiche mit dem Dritten Reich anstrengen und erklärt, warum ihre Grünen-Chefin Roth bei ihren krachledernen Äußerungen bleibt.

Oliver Das Gupta

sueddeutsche.de: Frau Lemke, schön, dass Sie Zeit für dieses Interview haben. Eigentlich wollten wir mit Ihrer Parteichefin Claudia Roth sprechen. Warum möchte sie nichts mehr zur Causa Mixa sagen?

Bischof Walter Mixa (Foto: Foto: dpa)

Steffi Lemke: Claudia Roth wird sich sicher weiter deutlich zu Bischof Mixa und seinen unsinnigen Positionen äußern, wie sie das auch in der Vergangenheit oft getan hat. Bischof Mixa schickt dagegen seinen Sprecher Dirk Hermann Voß vor, der sich im Auftrag von Mixa mit dem unterirdischen Vergleich mit nationalsozialistischen Hasstiraden völlig ins politische Abseits begeben hat.

sueddeutsche.de: Und was ist mit Roths eigenen, wenig schmeichelhaften Bemerkungen über Bischof Mixa?

Lemke: Die haben immerhin eine überfällige Diskussion über Bischof Mixa angestoßen, der ja neben seinem Amt in Augsburg auch noch Militärbischof ist - und damit einen sehr fragwürdigen Einfluss insbesondere auf junge Soldatinnen und Soldaten ausüben kann. Deshalb sehe ich keinen Grund, warum Claudia Roth ihre Äußerungen relativieren sollte.

sueddeutsche.de: Einige Parteifreunde scheinen dennoch nicht ganz glücklich darüber zu sein, wie Roth den Bischof tituliert hat. Die bayerische Landeschefin Theresa Schopper meinte beispielsweise, das Attribut "durchgeknallt" sei Roth "durchgerutscht".

Lemke: Frau Schopper hat ja Roths Äußerung nicht kritisiert oder sich distanziert, sondern verschärft: Schopper stellte klar, dass Mixas Ausfälle nicht "durchgeknallte", sondern kühl berechnete Provokationen sind, die bestimmte Debatten anheizen und vergiften sollen.

Ich glaube, dass in einer politischen Auseinandersetzung scharfe Worte durchaus berechtigt sind. Wer austeilt, muss auch einstecken können. Aber ein Vergleich mit dem Nationalsozialismus, wie ihn Herr Mixas Sprecher gemacht hat, überschreitet definitiv eine akzeptable Grenze. Ich erwarte, dass Herr Voß das zurücknimmt und sich entschuldigt.

sueddeutsche.de: Das hat Voß offenbar nicht vor. Im Gespräch mit sueddeutsche.de hat er seinen Vergleich verteidigt. Er glaubt, auf eine "historisch zulässige Parallele" hingewiesen zu haben.

Lemke: Er verschlimmert dadurch seinen unsäglichen Vorwurf. Deshalb gehe ich davon aus, dass eine Reaktion der Diözese selbst notwendig wird. Das ist nicht der erste Vergleich von Walter Mixa oder seinem Umfeld, der in den Bereich des Nationalsozialismus hineingeht und Grenzen der politischen Auseinandersetzung bewusst verletzt.

Ich erinnere daran, dass Mixa vor nicht allzu langer Zeit Eva Herman in Schutz genommen hat, als sie das NS-Mutterbild lobte. Es ist also kein Einzelfall, dass bewusst Vergleiche mit dem Dritten Reich angestrengt, zugelassen und toleriert werden. Das ist völlig inakzeptabel.

Es gibt äußerst kontroverse Positionen zwischen Bischof Mixa und Bündnis 90/Die Grünen, die in Ordnung sind, solange sie bei der Sache bleiben. Aber Vergleiche mit dem Nationalsozialismus gehören nicht in die politische Auseinandersetzung.

sueddeutsche.de: Ist es nicht auch völlig unsachlich, einen politischen Gegner als "durchgeknallten Oberfundi" zu bezeichnen?

Lemke: Das ist auch für eine Parteitagsrede eine harte Formulierung, da gebe ich Ihnen recht. Allerdings frage ich mich als Frau auch, wie ich mich mit jemandem in moderatem Ton unterhalten soll, der mich als Gebärmaschine diffamiert.

sueddeutsche.de: Die Kluft zwischen Mixa und den Grünen wurde auch dadurch deutlich, dass der Sprecher des Bischofs erklärte, ihre Partei sei für Christen nicht wählbar.

Lemke: Das, was Herr Voß da verkündete, ist purer Quatsch. Wir arbeiten mit vielen katholischen Christen zusammen, die sich nicht von Bischof Mixa vertreten sehen. Viele von ihnen sehen mehr Distanz zu Leuten wie Herrn Mixa als zur Politik der Grünen.

Wir wollen weiterhin mit den christlichen Kirchen gut zusammenarbeiten, genauso wie auch mit anderen Religionsgemeinschaften. Es gibt einige starke Überschneidungen zwischen den Grünen und den Kirchen, gerade in der Frage von Ethik und Gentechnik. Die gute Zusammenarbeit lasse ich mir nicht von einem kirchlichen Pressesprecher zerreden.

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