Streit um Passfotos:Kluft zwischen Schäuble und Zypries wird größer

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Die Koalition streitet über Zugriff der Polizei auf digitalisierte Passfotos, Fingerabdrücke und Online-Durchsuchungen. Zwischen dem Innenminister und der Justizministerin gehen die Vorwürfe hin und her.

Der Streit in der großen Koalition über geplante neue elektronische Ermittlungsbefugnisse für die Polizei wird schärfer. Während Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Wochenende seine Pläne für den automatischen Zugriff der Polizei auf digitalisierte Passfotos verteidigte, bekräftigte Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) ihre Ablehnung.

Schäuble sagte der Welt am Sonntag: "Bisher wurden die Bilder per Fax übermittelt, nun sollte man das auch elektronisch machen." Die Aufregung der SPD verstehe er "wirklich nicht". Zypries wiederholte ihre großen Bedenken und lehnte die von Schäuble erwogene zusätzliche Speicherung von Fingerabdrücken kategorisch ab. Auch heimlichen Online-Durchsuchungen privater Computer will Zypries sich widersetzen.

Schäuble wies darauf hin, dass seine Pläne das bisherige Abfrageverfahren beschleunigen und Bürokratie sparen würden. Zudem wolle er durch die Möglichkeit zum Datenabgleich die Fälschungssicherheit der Ausweise sicherstellen. "Einer der schlimmsten Angriffe auf das Grundrecht der informellen Selbstbestimmung ist, wenn sich jemand meine Identität zu eigen macht, also etwa unter meinem Namen über mein Konto verfügt", sagte Schäuble.

Zypries betonte demgegenüber in Bild am Sonntag, dass sie im Gesetzgebungsverfahren "die Linie der SPD-Fraktion unterstützen" werde. Demnach soll ein Abruf digitalisierter Passfotos durch die Polizei nur dann zulässig sein, wenn die Passbehörde nicht erreichbar ist und ein Abwarten die Ermittlungen gefährden würde, sagte die Justizministerin.

Zweifel an Verfassungstreue

Den Vorschlag Schäubles, auch die Fingerabdrücke aus dem Pass in einem Register zu speichern, wies Zypries zurück. "Der Staat würde die Daten dann für diese Bürger ein Leben lang speichern, um gegebenenfalls gegen einige, wenige vorgehen zu können." Gerade der Fingerabdruck sei aber eine höchst sensible Information, die man überall hinterlasse, warnte Zypries. Sie könne sich "kaum vorstellen, dass der Bundesinnenminister, der ja auch Verfassungsminister ist, einen solchen Gesetzentwurf vorlegen würde".

Schäuble wies den Vorwurf zurück, sein Vorhaben sei verfassungswidrig. "Manche sagen bei allem, was ihnen nicht gefällt, es sei verfassungswidrig. Sie verraten damit in der Regel nicht viele Kenntnisse über die Verfassung."

Zu den geplanten Online-Durchsuchungen sagte Zypries, dabei handele es sich um erhebliche Grundrechtseingriffe. Diese seien nur zu rechtfertigen, wenn sie wirklich erforderlich sind. "Bisher hat mich noch keiner davon überzeugen können, dass wir das wirklich brauchen", betonte die Ministerin.

Schäuble kündigte an, die europäische Polizeibehörde Europol stärken und Daten der Polizeibehörden besser vernetzen zu wollen. Während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft wolle die Bundesregierung Europol "die Zuständigkeit für alle schweren Straftaten mit grenzüberschreitendem Bezug verschaffen". Schäuble will zudem gemeinsame Ermittlerteams der nationalen Polizeien mit Europol. Sie müssten gegenseitig auf Daten zugreifen können.

Nach Ansicht Schäubles ist die Gefahr von Anschlägen islamistischer Terroristen in Deutschland gestiegen: Die Bundesregierung sei "besorgt darüber, dass Terroristen mit der Entführung zweier Deutscher im Irak unser Engagement in Afghanistan angreifen", sagte der Innenminister.

© SZ vom 16.04.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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