Streit um Krippen:Harsche Kritik an Bischof Mixa

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Wer Wind sät, erntet Sturm. Nach seinen Ausfällen gegenüber Familienministerin von der Leyen sieht sich der Augsburger Bischof Mixa heftiger Kritik ausgesetzt. SPD-Chef Beck verglich den Kirchenmann nun mit einem kastrierten Kater.

Bei einer Programmkonferenz der SPD reagierte Kurt Beck am Samstag mit einem Witz auf die scharfe Kritik von Walter Mixas an den Plänen von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) für mehr Kinderbetreuung: Eine einsame Frau habe sich als Gesellschaft einen Kater gekauft, der aber jeden Abend unterwegs gewesen sei und sie alleine gelassen hätte. Auf Rat einer Freundin habe sie ihn daraufhin kastrieren lassen. Als sie später der Freundin klagte, der Kater sei weiterhin jeden Abend unterwegs, habe diese ungläubig gefragt: "Wieso denn, der kann doch gar nicht mehr?" Darauf habe die Frau gesagt: "Das nicht, aber er berät jetzt."

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Beck erntete lautes Gelächter und großen Applaus der mehrere hundert Zuhörer. Er wolle mit der Geschichte von dem Kater um Verständnis für Mixa werben, sagte der Parteivorsitzende. Zuvor hatten Rednerinnen bei der Konferenz Mixa scharf für den Vorwurf kritisiert, der auch von der SPD angestrebte Ausbau der Kinderbetreuung mache Frauen zu Gebärmaschinen und stärke sie als Erwerbstätige auf Kosten ihrer Rolle als Mütter und Erzieherinnen.

Inzwischen wird Mixa wegen seiner Äußerungen zur Familienpolitik auch von führenden Unions-Vertretern und der evangelischen Kirche attackiert. "Was Bischof Mixa sagt, hat leider mit der Realität in unserem Land wenig zu tun", sagte CDU-Vize Jürgen Rüttgers der Bild am Sonntag. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte sich erneut hinter ihre Parteifreundin von der Leyen.

Merkel sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, sie teile die Kritik Mixas nicht. "Ich unterstütze Frau von der Leyen, wenn sie auf einen Ausbau der Kinderbetreuung dringt", fügte die Kanzlerin hinzu. Merkel plädierte ebenso wie Rüttgers für eine Wahlfreiheit der Eltern, wie sie Kinderbetreuung gestalten. Rüttgers sagte dazu weiter, bisher gebe es allerdings "diese Wahlfreiheit in Deutschland objektiv nicht, weil Krippenplätze fehlen". Zudem müssten in vielen Familien beide Eltern arbeiten, weil sonst das Einkommen nicht reicht. "Krippenplätze erleichtern die Entscheidung vieler Paare für Kinder", sagte Rüttgers.

Mixa bleibt stur

Mixa wiederholte unterdessen seine Aussage, Frauen würden durch die Politik von der Leyens zu "Gebärmaschinen" degradiert: "Dabei bleibe ich". Er lehnte es in der Bild-Zeitung vom Samstag ab, sich bei von der Leyen für seinen Vorwurf zu entschuldigen, die Ministerin degradiere Frauen zu "Gebärmaschinen". "Meine Kritik richtet sich gegen eine Politik, die es einseitig fördert, dass junge Mütter ihre kleinen Kinder kurz nach der Geburt in staatliche Fremdbetreuung geben sollen", sagte der katholische Bischof.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche (EKD), Bischof Wolfgang Huber, sagte zu Mixas Äußerungen: "Einen sachlichen Beitrag zur Diskussion kann ich darin nicht erkennen." Huber sagte der Berliner Zeitung vom Samstag, die evangelische Kirche unterstütze die Pläne der Bundesregierung für einen Ausbau der Kleinkinderbetreuung voll und ganz. Über die Wortwahl Mixas sei er "sehr erstaunt". Zugleich stellte Huber die Frage, warum nur Frauen und nicht Männern vorgeworfen werde, sie würden sich wegen Berufstätigkeit ihren Kindern entziehen.

Der evangelische Landesbischof Thüringens, Christoph Köhler, stellte sich in der Thüringer Allgemeinen ebenfalls hinter von der Leyen. Die Ministerin gehe mit ihrem Engagement für mehr Krippenplätze ein Problem an, das es in Deutschland sei vielen Jahren gebe.

Sachsens Landesbischof Jochen Bohl warnte in der Sächsischen Zeitung allerdings davor, Kinder zu früh in die Krippe zu geben. Auch er nannte aber die Kritik Mixas "überzogen". Der katholische Bischof von Osnabrück, Franz-Josef Bode, sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, es sei wichtig, "dass wir die Familien ermutigen, so viel Zeit wie möglich mit ihren Kindern zu verbringen. Es dürfe "niemand schief angesehen werden, der sei Kind nicht in der Krippe hat". Gleichzeitig müssten Staat und Kirchen aber auch Hilfen geben, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen.

"Unglaubliche Beleidigung"

Die frühere Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) wertete die Äußerungen Mixas in der Frankfurter Rundschau als "unglaubliche Beleidigung". Von der Leyen rief in der Debatte zu "mehr Sachlichkeit" auf. "Junge Mütter, die daheim bleiben und ihre Kinder betreuen, dürfen nicht gegen berufstätige Mütter ausgespielt werden". Beides müsse möglich sein, sagte sie der Hannoverschen Neuen Presse.

Auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) wies die Kritik der katholischen Kirche als ungerechtfertigt zurück. "Die Rolle von Mutter und Vater wird nicht dadurch geschmälert, dass sich zeitweilig auch andere um das Kind kümmern - auch schon in jungen Jahren", sagte Wulff der dpa am Samstag in Hannover. "Man sollte nicht in die leidige Diskussion der Vergangenheit zurückfallen, dass Mütter, die ihr Kind zeitweilig in Betreuungseinrichtungen geben, Rabenmütter sind."

Wulff sagte: "Ich akzeptiere nicht die Kritik an Ursula von der Leyen, dass die Betreuung und Förderung von Kindern in Tagesmüttermodellen und Betreuungseinrichtungen eine schlechte Erfahrung ist." Diese könnten die "Erfahrungen von Kindern mit Mutter und Vater" sinnvoll ergänzen. In die Entscheidung, inwieweit Familien Beruf und Kinder verbinden wollten, "hat sich niemand einzumischen", sagte Wulff. "Die Politik hat nur die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Eltern tatsächlich Wahlfreiheit leben können."

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