Streit um Finanzpolitik:Verstimmung zwischen Berlin und London

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In harschem Ton hat Finanzminister Steinbrück die Initiativen des britischen Premiers zur Linderung der Krise kritisiert - Brown kontert umgehend.

Misstöne zwischen Berlin und London: Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat die Rettungspakete anderer Länder zur Linderung der Wirtschafts- und Finanzkrise teils scharf kritisiert - und vor allem das britische Vorgehen bemängelt.

Finanzminister Peer Steinbrück hat einiges an den Plänen der Briten und Franzosen auszusetzen. (Foto: Foto: AP)

Eine Rezession sei unvermeidbar und Regierungen sollten damit aufhören, sich gegenseitig mit immer größeren Stützungspaketen zu überbieten, sagte Steinbrück dem Magazin Newsweek .

"Die Geschwindigkeit, mit der Vorschläge unter Druck zusammengezimmert wurden, die noch nicht einmal einen wirtschaftlichen Test bestanden haben, ist atemberaubend und deprimierend." Die selben Leute, die sich immer gegen Finanzierung durch Staatsverschuldung gewehrt hätten, so Steinbrück, "werfen nun die Milliarden um sich".

Der britische Premierminister Gordon Brown habe eine Wirtschaftspolitik mit einer Verschuldung eingeschlagen, die eine ganze Generation werde abtragen müssen. Die britische Regierung hatte Ende November ein Konjunkturpaket in Höhe von 20 Milliarden Pfund (24 Milliarden Euro) angekündigt. Die Mehrwertsteuer wurde ab Dezember bis Anfang 2010 vorübergehend von bislang 17,5 auf 15 Prozent gesenkt werden.

BBC: "Ungewöhnlicher Verstoß gegen die Regeln der Diplomatie"

Vor wenigen Tagen hatte sich Brown mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso in London getroffen. Dabei war auch über die Wirtschaftskrise debattiert worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel war nicht eingeladen. Kritiker hatten dies als Beleg für die zunehmende Isolation bewertet, in die sich die Bundesregierung angesichts einer verhaltenen Antwort auf die Rezession in Europa hineinmanövriert habe.

Vor allem Sarkozy hatte der Kanzlerin Zögerlichkeit vorgehalten. Während Frankreich handele, werde in Deutschland nachgedacht, hatte er Merkel bei einem gemeinsamen Auftritt offen angegriffen. Wie Merkel hat sich auch Steinbrück gegen ausufernde Ausgaben in der gegenwärtigen Situation ausgesprochen.

Mit seiner Kritik am britischen Vorgehen bei der Regierung in London für Verärgerung gesorgt. Der britische Sender BBC sprach von einem "ungewöhnlichem Verstoß gegen die Regeln der Diplomatie", und sowohl Downing Street als auch das Finanzministerium seien verärgert. In Londoner Regierungskreisen hieß es demnach, Berlin vertrete eine "Meinung der Minderheit" und schere in der Auffassung darüber aus, wie die Krise in den Griff zu bekommen sei.

Brown: "Fast jedes Land auf der Welt macht, was wir machen"

Brown selbst hat die Kritik Steinbrücks mittlerweile beiseitegewischt. "Ich will nicht wirklich in etwas einbezogen werden, das ganz klar deutsche Innenpolitik ist", sagte Brown dem Londoner LBC-Radio. Brown betonte, tatsächlich investiere Deutschland mehr. "Sie haben gerade ein Programm angekündigt, damit sie in öffentliche Vorhaben investieren und ihren Banken helfen können".

Wichtig sei, dass "fast jedes Land auf der Welt das macht, was wir machen", sagte der Regierungschef. Solche Maßnahmen nicht zu ergreifen, bedeute als Regierung zu scheitern.

© Reuters/dpa/AFP/gba/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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