Streit um EU-Verfassung:"Polen will nicht allein sein"

Lesezeit: 2 min

In der Kontroverse um die geplante EU-Verfassung signalisiert der polnische Präsident Kaczynski sein Einlenken. Er wolle die Isolation seines Landes vermeiden und strebe einen Kompromiss an, sagte Kaczynski während eines Besuchs des französischen Präsidenten Sarkozy.

Eine Woche vor dem EU-Gipfel in Brüssel hat der polnische Präsident Lech Kaczynski im Streit über die geplante EU-Verfassung sein Einlenken signalisiert. Er strebe einen Kompromiss an und wolle eine Isolation seines Landes vermeiden, sagte Kaczynski während eines Besuchs des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy in Warschau.

Neue Töne aus Warschau: Während des Besuchs des französischen Präsidenten signalisierte Polens Präsident Kaczynski das Einlenken Polens. (Foto: Foto: dpa)

"Wir denken, dass wir während dieser äußerst wichtigen Tage am 21. und 22. Juni zu einem Kompromiss gelangen werden, mit dem alle Länder halbwegs zufrieden sein werden", sagte Kaczynski.

Polens Präsident betonte, er sei "optimistisch", dass der Streit um die europäische Verfassung beigelegt werden könne. Nähere Angaben zu möglichen Kompromisslinien machte er nicht.

"Polen will nicht allein und nicht isoliert sein, sondern mit Frankreich und Europa verbündet bleiben", sagte das polnische Staatsoberhaupt. Wer allerdings darauf setze, dass Polen letztlich aus Angst nachgeben werde, der irre sich.

"Rechte und Pflichten"

Frankreichs Präsident Sarkozy äußerte sich insgesamt zurückhaltender: "Es ist uns nicht gelungen, alle Probleme zu lösen, aber ich glaube, dass wir nach diesem Gespräch den Standpunkt des anderen besser verstehen".

Polen müsse "aus der Isolation fliehen", so Sarkozy weiter. "Es gibt immer einen Ausgangs- und einen Endpunkt", sagte er mit Blick auf den Brüsseler EU-Gipfel. Ein großes Land wie Polen habe "seine Rechte, aber auch seine Pflichten".

Sarkozy war nach Warschau gereist, um die polnische Regierung von ihrer starren Haltung im Streit um die geplante EU-Verfassung abzubringen. Sarkozy warnte die polnische Regierung vor einer Blockade. "Man kann nicht ein großes europäisches Land sein und sagen: Ich habe weniger Verantwortung, ich kann blockieren", sagte er der Tageszeitung Gazeta Wyborcza.

Polen hat bislang darauf beharrt, den Verfassungsentwurf zu ändern, um damit sein Gewicht in der Europäischen Union zu erhöhen. Andernfalls drohte das Land bislang mit einem Veto gegen den Text.

"Schwerwiegende Folgen für Europa"

Am Donnerstagmorgen hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrer Regierungserklärung noch vor einem Scheitern des europäischen Verfassungsprozesses gewarnt und beklagt, dass eine Lösung derzeit "nicht in Sicht" sei.

Beim EU-Gipfel am 21./22. Juni will Merkel die Zustimmung aller Mitgliedsstaaten der Union zum weiteren Vorgehen beim Verfassungsprozess einholen. "Gelingt das nicht, dann ist das noch nicht der Untergang Europas", so Merkel vor der Erklärung Kaczynskis. Ein Scheitern hätte jedoch "kaum zu beschreibende schwerwiegende Folgen für Europa".

In ihrer Erklärung hatte Merkel die Grundzüge des deutschen Vorschlags beim Gipfel vorgestellt. Demnach solle die Substanz des ursprünglich ausgehandelten Verfassungsvertrages in einen neuen Änderungsvertrag überführt werden. Mit Rücksicht auf Ängste vor einem europäischen Superstaat sollen jedoch "staatsähnliche Bezeichnungen oder Symbole" nicht in den Vertrag aufgenommen werden.

Merkel, die als EU-Ratspräsidentin eine Einigung auf einen neuen Grundlagenvertrag beim kommenden EU-Gipfel anstrebt, will am Samstag mit Kaczynski sprechen.

© Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: