Streit um Arbeitslosengeld:Müntefering fordert von SPD Treue zur Agenda 2010

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Arbeitsminister Franz Müntefering hat den Streit innerhalb seiner eigenen Partei erneut angefeuert: Zum wiederholten Male widersprach er Überlegungen von SPD-Chef Kurt Beck, älteren Arbeitslosen länger als zwölf Monate das Arbeitslosengeld I zu überweisen.

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering lehnt Korrekturen an der Arbeitsmarkt-Agenda 2010 weiter ab. "Ich empfehle meiner Partei, Kurs zu halten", sagte er in einem am Samstag veröffentlichten Spiegel-Interview und fügte hinzu: "Wir müssen die Nerven behalten."

Müntefering widersprach damit erneut Überlegungen von SPD-Chef Kurt Beck, älteren Arbeitslosen länger als zwölf Monate das Arbeitslosengeld I zu überweisen.

Zugleich attackierte der Vizekanzler auch Kanzlerin Angela Merkel, die Forderungen aus der Union nach längerem Arbeitslosengeld für Ältere nicht entgegengetreten sei.

Unterdessen forderte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) die Regierung auf, sie müsse angesichts der Bewegung bei der SPD jetzt schnell die längere Zahldauer für Ältere beschließen.

"In hohem Maße für die Konjunktur verantwortlich"

Müntefering sagte, die Agenda-Beschlüsse unter Altkanzler Gerhard Schröder seien in hohem Maße für die gute Konjunktur und die sinkenden Arbeitslosenzahlen verantwortlich. Die SPD dürfe nicht versuchen, "das Tempo aus der ganzen Sache zu nehmen". Der Vizekanzler fügte hinzu: "Fortschritt braucht den Schritt nach vorn, nicht zurück."

Zugleich warnte er die SPD im Streit um das Arbeitslosengeld davor, die Altersklassen gegeneinander auszuspielen. "Der Familienvater mit 35 Jahren und kleinen Kindern hat bei der Arbeitslosigkeit doch größere Probleme als der Vater mit 60 und erwachsenen Kindern."

Beck hat vorgeschlagen, Arbeitslosen über 50 Jahre künftig zwei Jahre lang Arbeitslosengeld I zu zahlen und nicht nur ein Jahr. 15 Monate soll derjenige die Zahlungen erhalten, der mit 45 Jahren seinen Job verliert.

Kontroverse in der SPD

In der SPD hat der Vorstoß eine Kontroverse ausgelöst, zumal die Umsetzung einer Korrektur der Agenda 2010 gleichkäme. Unionspolitiker wollen die Bezugsdauer einem Modell von CDU-Vize Jürgen Rüttgers folgend nach der Dauer der vorangegangenen Beschäftigung staffeln.

Müntefering warf Rüttgers vor, er habe mit diesem Vorschlag "auf windige Art gegen den Koalitionsvertrag gehandelt". Und die Bundeskanzlerin habe als CDU-Vorsitzende dies nicht unterbunden, kritisierte er.

"Die Verwirrung in der Koalition rührt auch daher, dass es Frau Merkel auf ihrem Parteitag nicht geschafft hat, den Rüttgers-Unsinn aufzuhalten."

Saar-Regierungschef Müller sieht mit seiner Forderung nach einer raschen Verständigung der Regierung insbesondere Merkel in ihrer Funktion als CDU-Chefin in der Pflicht. "Die Führung der CDU hat vom Parteitag einen klaren Auftrag erhalten: Wer lange in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, muss auch länger ALG I bekommen."

"Keine Frage, die die Regierung beschäftigt"

Sollte die Koalition das Thema nicht auf die Agenda nehmen, werde die Verlängerung des Arbeitslosgeldbezugs für Ältere "sicher im Bundesrat noch einmal auf die Tagesordnung kommen". Vize-Regierungssprecher Thomas Steg hatte am Freitag gesagt, die Frage der Bezugsdauer des Arbeitslosengelds sei im Moment keine Frage, die die Regierung beschäftige.

Der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus wandte sich wie Müntefering gegen eine längere Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld. "Für mich hat das nichts mit Gerechtigkeit zu tun, wenn man Arbeitslosigkeit länger finanziert", sagte der CDU-Politiker der Financial Times Deutschland.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel forderte im Mannheimer Morgen, wenn der SPD-Parteitag Ende des Monats Änderungen beim ALG I beschließe, müsse Müntefering konsequenterweise aus dem Amt scheiden.

SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler betonte dagegen in der Berliner Zeitung: "Das wird dieser verantwortungsbewusste und soziale Mann nicht tun." Es sei normal, dass Müntefering als Vizekanzler die Koalitionsvereinbarung nicht infrage stelle. Von einem Machtkampf zwischen Müntefering und Beck könne keine Rede sein.

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