Streit über Leistungsanpassung:Müntefering denkt über höhere Hartz-IV-Sätze nach

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Sozialminister Müntefering will die Folgen der Preissteigerung untersuchen lassen, warnt aber vor "populistischen Parolen".

Nina Bovensiepen

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) hat angesichts zahlreicher Forderungen nach einer Erhöhung des Hartz-IV-Satzes eine Überprüfung der Leistungen für Arbeitslose angekündigt.

Müntefering teilte am Freitag mit, bis Ende November feststellen zu lassen, ob eine Erhöhung angemessen sei. Zugleich zeigte sich der Vizekanzler deutlich verärgert über die vor allem von Unionspolitikern angestoßene Debatte über mehr Geld für Erwerbslose. Das Thema sei "zu wichtig, als dass es mit populistischen Parolen sein Bewenden haben könnte", sagte Müntefering. "Sachkenntnis wäre hilfreich", fügte er hinzu.

Die Debatte über höhere Hartz-IV-Sätze war angesichts steigender Lebensmittelpreise vor allem für Milchprodukte entbrannt. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) hatte wegen der angekündigten Preiserhöhungen für einen Inflationsausgleich alle zwei Jahre plädiert.

Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (beide CSU) haben sich ebenfalls zu Fürsprechern für die Arbeitslosen entwickelt. "Wenn die Preise stark steigen, müssen wir genau prüfen, ob wir die Leistungen anpassen", sagte Stoiber dem Münchner Merkur.

Vertreter des Arbeitsministeriums hatten in den vergangenen Tagen stets betont, der bisherige Anpassungs-Mechanismus für Hartz IV werde beibehalten. Danach werden die Leistungen für Arbeitslosengeld-Empfänger alle fünf Jahre gemäß der sogenannten Einkommens-Verbraucherstatistik angepasst. In den Jahren zwischen zwei Statistiken steigen die Hartz-IV-Sätze nach dem Rentenanpassungsfaktor.

Höherer Regelsatz

Der Regelsatz von 345 Euro wurde daher kürzlich auf 347 Euro erhöht. Müntefering betonte nun, seine Mitarbeiter würden prüfen, wie sich höhere Lebenshaltungskosten für Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe auswirken. Zudem werde untersucht, welche Folgen eine Orientierung der Hartz-IV-Sätze an der Inflation habe. Auch werde berechnet, ob die Einführung flächendeckender Mindestlöhne die staatlichen Ausgaben für das ArbeitslosengeldII senken könne.

Außer Erwerbslosen erhalten auch viele Menschen staatliche Leistungen, die in ihrem Job zu wenig zum Leben verdienen. Müntefering ist dies schon lange ein Ärgernis. Er fordert daher einen Mindestlohn. Dies lehnt die Union aber ab.

Müntefering verwies darauf, dass die Ministerpräsidenten der bisherigen Berechnungs-Methode für das Arbeitslosengeld II ausdrücklich zugestimmt hätten. Wie es in Regierungskreisen hieß, hat sich der Vizekanzler über Art und Inhalt der Äußerungen der Unions-Politiker in den vergangenen Tagen zunehmend geärgert.

So sei es höchst populistisch, wenn Stoiber für höhere Hartz-IV-Sätze eintrete, während Bayern 2006 einen der niedrigsten Sozialhilfe-Sätze in Deutschland bezahlt habe. Die Sozialhilfe orientiert sich auch an der Einkommens-Verbraucherstatistik. Die Länder können die Sätze aber in gewissem Maße variieren.

Wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte, sind die Ausgaben für Sozialhilfe im vergangenen Jahr um vier Prozent auf 18,3 Milliarden Euro gestiegen. "Je Einwohner wurden in Deutschland 2006 für die Sozialhilfe rechnerisch 222 Euro ausgegeben", gab das Bundesamt bekannt. In Westdeutschland waren es 232 Euro pro Kopf, in Ostdeutschland hingegen nur 145 Euro.

© SZ vom 11.08.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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