Streit über Guantanamo-Insassen:Union: Nicht unser Problem

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Das Schicksal entlassener Guantanamo-Häftlinge sorgt für heftige Diskussionen: Unionspolitiker kritisieren das Vorpreschen von Außenminister Steinmeier - und verweisen die Verantwortung für die Insassen an die USA.

Die von US-Präsident Barack Obama angekündigte Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo sorgt in Deutschland für hitzige Debatten: Die Politiker streiten darüber, ob Deutschland unter Umständen ehemalige Häftlinge aufnehmen sollte.

US-Soldaten mit einem Gefangenen im Gefangenenlager auf Kuba: Die Debatte um den Verbleib ehemaliger Guantanamo-Häftlinge erregt die Gemüter in Deutschland. (Foto: Foto: ddp)

Der stellvertretende Unionsfraktionschef Wolfgang Bosbach (CDU) warnte davor, die Aufnahme von Häftlinge zu übereilen. "Ich verstehe vor allen Dingen nicht, warum sich Herr Steinmeier vordrängelt", kritisierte Bosbach im RBB-Inforadio. "Mir ist noch nicht einmal bekannt, dass es ein offizielles Aufnahmegesuch der Vereinigten Staaten von Amerika gibt."

Das Gefangenenlager sei eine Institution der USA. "Und deswegen ist es die Aufgabe der Vereinigten Staaten, das Problem auch zu lösen." Zudem sei nicht der Außenminister, sondern die Innenminister von Bund und Ländern für eine mögliche Aufnahme ehemaliger Guantanamo-Häftlinge zuständig. "Ich kenne keinen einzigen Innenminister, der bereit wäre, Häftlinge aufzunehmen", betonte Bosbach.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warnte vor der Gefährlichkeit der Gefangenen. Auch wenn das US-Lager auf Kuba eine "rechtsstaatlich indiskutable Einrichtung" sei, würden die Inhaftierten dort "nicht völlig grundlos" einsitzen, sagte er im Südwestrundfunk. Die meisten der Gefangenen hätten wohl tatsächlich etwas verbrochen oder seien höchst gefährlich. "Die Verantwortung liegt ganz klar zunächst bei den USA", betonte der CSU-Politiker.

Auch unter den aus China stammenden uigurischen Häftlingen seien "gewalttätige, auch terroristische Leute". Für die Gewährung von Asyl in Deutschland dürfe nicht allein die Tatsache den Ausschlag geben, dass sie einer ethnischen Minderheit angehörten. Für ihren weiteren Verbleib seien zu allererst die Amerikaner zuständig, denn Uiguren könnten "genau so gut auch in den USA leben".

Auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte zunächst gegen Steinmeiers Bereitschaft protestiert, Häftlinge aufzunehmen. Inzwischen signalisierte er jedoch Kompromissbereitschaft. "Wenn es jemanden gibt, wo man konkret sagen kann, der kann nicht aus Gründen, die man nachvollziehen kann, in Amerika bleiben, dann wird man darüber reden können", sagte Schäuble am Sonntagabend in der ARD.

Auch Steinmeier gab sich versöhnlich. Es gehe gewiss nicht darum, Terroristen nach Deutschland zu holen, sagte Steinmeier im ZDF. Außerdem räumte er ein, dass die Innenminister dafür zuständig seien.

Auch in Brüssel steht das Thema an diesem Montag auf der Tagesordnung. Die EU-Außenminister suchen eine gemeinsame Position zur Aufnahme entlassener Insassen des US-Gefangenenlagers Guantanamo. Es werden nach Angaben von Diplomaten jedoch keine Entscheidungen erwartet.

EU-Chefdiplomat Javier Solana stellte den USA Hilfe in Aussicht. "Dies ist ein amerikanisches Problem, das von den Amerikanern gelöst werden muss, aber wir sind nötigenfalls zur Hilfe bereit", sagte Solana unmittelbar vor Beratungen. Bisher liege noch keine Bitte um Hilfe bei der Aufnahme von Ex-Häftlingen vor, sagte Solana. "Aber wann immer die Amerikaner um Hilfe bitten sollten, wird die Antwort meiner Ansicht nach 'Ja' lauten."

Der finnische Außenminister Alexander Stubb sagte, es gehe auch um eine politische Entscheidung: "Wir müssen den USA die Hand reichen. Dies ist ein neuer Anfang." Die Entscheidung über die Aufnahme von Häftlingen soll jedem EU-Land überlassen bleiben.

© dpa/ddp-bay/gal/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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