Streit über Gesundheitsreform:Rürup-Gutachten stärkt Schmidt den Rücken

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Die Reform würde für sie Mehrkosten in Milliardenhöhe bringen - befürchten die finanzstarken Länder. Eine neue Studie kommt zu einem anderen Ergebnis.

Die zusätzliche Belastung der unionsgeführten Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen durch den geplanten Gesundheitsfonds liegt laut dem Gutachten unter 100 Millionen Euro.

Dies geht aus der mit Spannung erwarteten Studie der Sachverständigen Bert Rürup und Eberhard Wille im Auftrag von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hervor, das heute veröffentlicht wurde.

Dies widerspricht Befürchtungen der wohlhabenderen Südländer, dass über den Fonds zusätzliche Milliardenbeträge in ärmere Regionen abfließen.

Dem Rürup-Wille-Gutachten zufolge würden über den für 2009 geplanten Fonds aus Bayern zusätzlich zwischen 80,7 und 97,8 Millionen Euro jährlich in Länder im Norden und Osten abfließen, die weniger hohe Gehälter und mehr Arbeitslosigkeit haben. Für Baden-Württemberg gibt das Gutachten eine Bandbreite von 72,1 bis 92,5 Millionen Euro an, für Hessen 61,7 bis 64,2 Millionen.

Zahlerländer wären zudem in jedem Fall Hamburg mit bis zu 36 Millionen Euro Abfluss und Nordrhein-Westfalen mit bis zu 20,4 Millionen Euro. Größter Gewinner des Fonds wäre Sachsen mit bis zu 106,9 Millionen Euro Plus im Vergleich zum bestehenden Risikostrukturausgleich.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) sagte: "Die Ergebnisse kommen sehr nahe an das, worauf sich die Bundesregierung bislang gestützt hat." Wenn es den Kritikern wirklich um die Sache gehe, müsste der Streit über Wirkungen und Belastungen der Reform eigentlich zu Ende sein, betonte die Ministerin.

Widersprüchliche Datenlage

Das neue Gutachten widerspricht damit kategorisch den Ergebnissen des Kieler Instituts für Mikro-Datenanalyse, das kurz vor Weihnachten die unionsgeführten Südländer in Aufregung versetzt hatte.

Dieses war zu dem Schluss gekommen, dass die Krankenkassen-Mitglieder in Baden-Württemberg bis zu 1,6 Milliarden Euro mehr in den Fonds einzahlen würden, als sie für Leistungen herausbekämen; für Bayern kam das Kieler Gutachten auf gut eine Milliarde Euro Minus und für Hessen auf 700 Millionen.

Das Rürup-Wille-Gutachten verweist allerdings ausdrücklich auf zahlreiche Unwägbarkeiten bei der Berechnung. So müsse auf Grundlage der Daten von 2002 bis 2005 gerechnet werden, was zu der "kontrafaktischen" Annahme führe, dass der Fonds schon im Jahr 2005 existiert hätte.

Außerdem sei mit der anstehenden Reform eine Umstellung des Finanzausgleichs der Kassen auf Krankheitsmerkmale geplant. Deren Folgen ließen sich derzeit noch nicht genau abschätzen.

Darüber hinaus verweisen die Gutachter "mit Nachdruck" darauf, dass der Ansatz der Debatte verfehlt sei. "Das Regionalprinzip ist dem Sozialversicherungsrecht fremd", heißt es in dem 55 Seiten starken Papier. Die "implizite Annahme, dass die Sozialversicherungsbeiträge, die in einem Land entstehen, auch dort wieder verausgabt werden sollten, (ist) abwegig".

Trotz dieser Einschränkungen ließen sich aber Aussagen treffen. Ergebnis: "Der direkte Vergleich der beiden Gesamttransfers (vor und nach Einführung des Gesundheitsfonds) macht deutlich, dass sich die 'Mehrbelastungen' in relativ engen Grenzen halten", schließen die Gutachter.

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