Streit in der Koalition:Union will Zivildienst retten - die FDP ist entsetzt

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Es kracht wieder heftig in der Koalition: Wegen des großen Bedarfs will die Union den Zivildienst verlängern. Die FDP lehnt den Vorstoß ab.

Stefan Braun, Berlin

Zivildienstleistende sollen ihren Dienst nach Willen der Union künftig freiwillig um bis zu sechs Monate verlängern können. Mit diesem Vorschlag will die Union insbesondere den Befürchtungen der großen Wohlfahrtsverbände begegnen, die einen Zusammenbruch des Systems befürchten, wenn der Wehr- und der Zivildienst wie in der Koalition vereinbart vom 1. Januar 2011 an nur noch sechs Monate betragen wird. Darüber gibt es nun heftigen Streit in der Koalition.

Die FDP lehnt den Vorschlag der Unionsfraktion ab. Sie vermutet hinter den Bestrebungen der Union den Versuch, den Zivil- und damit auch den Wehrdienst zu stabilisieren.

Die Liberalen dagegen plädieren für eine Abschaffung des Wehrdiensts, konnten sich in der Koalition aber nicht voll durchsetzen. Hintergrund des aktuellen Konflikts ist eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag, in dem sich Union und FDP darauf verständigt haben, den Wehrdienst von derzeit neun auf sechs Monate zu verkürzen - und die Dauer des Zivildiensts daran anzupassen.

Die fünf großen Wohlfahrtsverbände hatten daraufhin jedoch angekündigt, sie seien unter diesen Umständen kaum mehr in der Lage, die Arbeit mit den etwa 90.000 Zivildienstleistenden im Jahr ordnungsgemäß durchzuführen. In einem Schreiben an ihre Fraktionsführung warnt die Vorsitzende der Fraktionsarbeitsgruppe Familie, Dorothee Bär (CSU), vor einem Ende des Zivildienstes und plädiert dafür, einen freiwilligen Anschlussdienst an den Pflichtzivildienst einzuführen.

Die Dauer soll ein bis sechs Monate betragen, die Bezahlung soll sich am Pflichtzivildienst orientieren. Die Kosten für Sold und Sozialversicherungen sollen wie beim Pflichtzivildienst zwischen Bund und Wohlfahrtsverband geteilt werden. Außerdem soll der junge Mann, der seinen Dienst freiwillig verlängert, jederzeit ausscheiden können.

Die FDP lehnt den direkt an den Zivildienst gekoppelten Anschlussdienst ab. Die stellvertretende Fraktionschefin Miriam Gruß spricht vom falschen "Ansatzpunkt, einen Pflichtersatzdienst freiwillig zu verlängern". Statt dessen bietet die FDP zwei Alternativen, die beide von der Union abgelehnt werden.

Die Liberalen schlagen vor, eine eigenständige Form von Freiwilligendienst zu schaffen oder den Zivildienst - gekoppelt an die Besoldung des verlängerten Wehrdienstes - um bis zu sechs Monate zu verlängern. Hinter beiden Vorschlägen vermutet die Unionsseite den Versuch der FDP, den Zivildienst und als Folge auch den Wehrdienst zu schwächen.

Den ersten FDP-Vorschlag hält sie für unrealisierbar. Der Grund: Er erzwinge ein "bürokratisches Monster", weil die jungen Männer bei einem nicht an den Zivildienst gekoppelten Freiwilligendienst mehrfach bei Kranken- und Rentenversicherungen an- und abgemeldet werden müssten.

Im zweiten Fall befürchtet die Union Zusatzkosten, die von den Wohlfahrtsverbänden nicht getragen werden könnten. Bär kommt in ihrem Schreiben an die Fraktionsspitze, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, zu dem Schluss: "Die Gegenvorschläge der FDP sind keine an der Sache orientierten Kompromissvorschläge, sondern undurchführbare und auf die Destabilisierung des Zivildienstes ausgerichtete Projekte." Demnächst soll sich der Koalitionsausschuss mit dem Streit befassen.

© SZ vom 04.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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