Streit in der Koalition:Müntefering wirft Stoiber mangelnde Loyalität vor

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Der SPD-Vizekanzler hat seinem Ärger über die zahlreichen Einwände aus Bayern Luft gemacht: Das Verhalten des CSU-Vorsitzenden Stoiber sei "nicht gut fürs Regieren und für das Land insgesamt". Die übrigen Länderchefs der Union ließ Müntefering kaum besser wegkommen.

Vizekanzler Franz Müntefering hat CSU-Chef Edmund Stoiber wegen dessen Verhalten im Streit um die Gesundheitsreform geübt. Im Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin Focus warf er dem bayerischen Ministerpräsidenten mangelnde Loyalität zu Bundeskanzlerin Angela Merkel vor.

Mehr Kontrahenten als Kollegen: Franz Müntefering (li.) und Edmund Stoiber. (Foto: Foto: dpa)

Wörtlich sagte Müntefering: "Es ist nicht gut fürs Regieren und für das Land insgesamt, dass die CSU sich auf solche Weise geriert." Wie zuvor schon Merkel selbst lehnte auch der SPD-Politiker größere Korrekturen an der in der großen Koalition vereinbarten Gesundheitsreform ab.

Stoibers abstruse Forderungen

Es gehe nicht, dass frühzeitig gemeinsam getroffene Entscheidungen wieder umgestoßen würden und man wieder in eine neue Runde gehen solle, wird Müntefering zitiert.

Er warf Stoiber vor, mit seinem Verhalten die Führungsrolle Merkels in Frage zu stellen. "Es darf nicht zu einem Grundproblem in der Statik dieser Koalition werden, dass da zwei Parteien in der Union sind, deren Vorsitzende sich auf gleicher Höhe bewegen", fuhr er fort.

Die CDU-Vorsitzende sei eben die Kanzlerin. Sie werde so aber auf ihre Rolle als Parteivorsitzende reduziert. "Das ist für die Regierungsfähigkeit nicht gut", kritisierte Müntefering.

Obwohl die CSU der kleinere Partner sei, akzeptiere Stoiber oft nicht die Dominanz der Nummer Eins und fordere "immer wieder in jedweder - oft abstruser - Weise gleiche Augenhöhe" ein.

"Ein Problem für das Land"

Müntefering bezog in seine Kritik auch andere Ministerpräsidenten der Union ein. "Die Länder-Opposition in der Union ist ein Problem für die Union und das Land", sagte der Arbeits- und Sozialminister.

Er kam zu dem Fazit: "Die Lehre aus den bisherigen Verhandlungen zur Gesundheitsreform ist, dass es sich offensichtlich nicht lohnt, im Voraus sozusagen in einem großen informellen Vermittlungsausschuss zwischen Bund und Ländern Entscheidungen zu treffen."

Deshalb müssten die Abstimmungsprozesse in der Koalition wieder stärker im verfassungsrechtlich vorgezeichneten Rahmen stattfinden. "Ich empfehle geordnete Verfahren", sagte Müntefering. Dazu könne dann am Ende der Vermittlungsausschuss gehören, "weil dann auch die Verantwortlichkeiten klarer sind."

Mitwirken, mehr nicht

Der Bundesrat könne an den vom Bund beschlossenen Gesetzen mitwirken. "Wohlgemerkt: mitwirken", betonte Müntefering. Manche Ministerpräsidenten vergäßen, dass sie auch Sachwalter des Ganzen seien.

Wesentliche Änderungen am Inhalt der Gesundheitsreform lehnte der Vizekanzler entschieden ab. "An essenziellen Dingen wie dem Gesundheitsfonds und den neuen Spielregeln für die private Krankenversicherung wird nicht mehr gerüttelt", sagte er.

"Wer jetzt versucht, dies zu torpedieren, rührt an den Kern der gesamten Reform. Ich gehe davon aus, dass wir in der Koalition auf der Bundesebene eine gemeinsame Linie haben und die auch zusammen vertreten", unterstrich Müntefering in dem Interview.

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