Stoiber:"Ich bin gut beieinander"

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Es wird sein letzter großer Auftritt als bayerischer Regierungschef in Bierzeltatmosphäre. Am heutigen politischen Aschermittwoch wird sich Stoiber noch einmal als der wahre Erbe von Franz Josef Strauß präsentieren. Vorab kündigt er schon einmal an, der Politik erhalten bleiben zu wollen.

"Ich schaue nicht zurück, sondern nach vorne", sagte Edmund Stoiber schon mal vorab im Gespräch mit der Passauer Neuen Presse. Dabei will er im September als Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender zurücktreten.

Mit der Bilanz seiner 14-jährigen Amtszeit zeigte sich Stoiber zufrieden. Er habe das Erbe seines Ziehvaters Franz Josef Strauß beileibe nicht nur verwaltet, sondern erheblich vermehren können, sagte er. "Bayern steht in Sachen Wirtschaft, Arbeitsplätze, Bildung, Universitäten, Sicherheit und moderne Technologien blendend da."

Im Streit um seine Nachfolge als CSU-Chef sieht er sich gefordert, die Partei zusammenzuhalten. "Ich bin in dieser Beziehung ein echter Mittler, ein Schiedsrichter", sagte Stoiber. Er schloss nicht aus, sich auch in Zukunft in die Arbeit der CSU einzubringen. "Sicher ist, dass ich immer für die CSU eintreten werde", sagte Stoiber. "Ich bin gut beieinander und will noch einiges tun."

Sowohl den bayerischen Wirtschaftsminister Erwin Huber als auch Bundesagrarminister Horst Seehofer halte er für erfahren genug, um Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Kurt Beck auf gleicher Augenhöhe zu begegnen. "Das ist und bleibt immer die entscheidende Voraussetzung, um wichtige Positionen der CSU und Erfolge für Bayern durchzusetzen", erklärte Stoiber vor seinem Abschiedsauftritt beim politischen Aschermittwoch in Passau.

In der Debatte um den Kurs der Unionsparteien warnte Stoiber vor einer Vernachlässigung der konservativen Wahlerschichten. "Die Union muss wissen, dass sie drei Wurzeln hat", erklärte er. "Wir sind eine liberale, eine soziale und eine konservative Partei in einem. Unsere konservative Wurzel wird leider von manchen in der Union im Vorwärtsdrang zu vermeintlich neuen Wählerschichten übersehen. Das kann sich bei Wahlen rächen." Die Schwesterpartei in Österreich habe genau diese Erfahrung machen müssen.

Zwar müsse man sich auch für Neues öffnen, es dürfe aber zum Beispiel nicht sein, "dass sich eine Familie plötzlich rechtfertigen muss, wenn der Mann in die Arbeit geht und die Frau bei den Kindern zu Hause bleibt", sagte Stoiber im Hinblick auf die geplante Verdreifachung der Krippenplätze für Kleinkinder.

Lob für Merkel

Über die Leistungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte Stoiber: "Ich halte sie für eine sehr gute Kanzlerin." Sie habe in der Außenpolitik in sehr kurzer Zeit viele Dinge wieder vom Kopf auf die Füße gestellt. So habe sie etwa das Verhältnis zu Amerika, das unter Kanzler Schröder außerordentlich gespannt gewesen sei, wieder in Ordnung gebracht, ohne dabei irgendetwas auszusparen, sagte Stoiber.

Merkel habe außerdem in Europa einen wichtigen Beitrag geleistet, "dass die Spaltung durch die Achse Chirac-Schröder zwischen den alten und den neuen EU-Ländern wieder gekittet wurde." In der Innenpolitik seien die Ergebnisse noch besser als erwartet, meinte der CSU-Chef. Deutschland habe ein hohes Wachstum wie nie in den vergangenen fünf Jahren. Er fügte hinzu: "Wir haben eine Million weniger Arbeitslose, das Maastricht-Kriterium ist erfüllt.

Wichtige Reformen sind kurz vor dem Abschluss zum Beispiel für den Erhalt der Arbeitsplätze beim Übergang von Betrieben auf die nächste Generation." Merkel habe wirklich viel auf den Weg gebracht, lobte Stoiber. Außerdem sorge sie für ein gutes Klima in der großen Koalition. "Sie setzt dort auf Kooperation, aber am Ende weiß jeder, wer die Kanzlerin ist."

Parteivize Horst Seehofer sagte seine Teilnahme an der Traditionsveranstaltung in Passau kurzfristig ab. Wirtschaftsminister Erwin Huber, Seehofers Konkurrent um den CSU-Vorsitz, hat dagegen als niederbayerischer Bezirkschef Rederecht in der Dreiländerhalle.

Die CSU rechnet in der Dreiländerhalle mit einem Andrang wie seit Jahren nicht mehr. "Es gibt einen Run auf die Karten", sagte ein Partei-Sprecher am Dienstag. Im Vorjahr hatten nur 3500 CSU-Anhänger Stoibers Worten gelauscht - in der Halle mit rund 7000 Plätzen. Dieses Jahr soll die Veranstaltung nach Angaben von CSU- Generalsekretär Markus Söder "ein Stoiber-Fest" werden. Geschmückt wird mit Transparenten, für die CSU-Anhänger im Internet Vorschläge gemacht hatten. Texte sind unter anderem: "Wir sind Stoiber" oder "Danke für alles, Edmund, Du bist der Beste".

Die SPD hat zu ihrem Polit-Kehraus in Vilshofen den Bundesvorsitzenden Kurt Beck eingeladen. Auch die anderen Parteien warten mit Politprominenz auf. Bei den Aschermittwochskundgebungen in Niederbayern werden erneut Tausende Teilnehmer erwartet.

Absage von Westerwelle

Mehr als 650 Gäste erwartet die SPD im 30 Kilometer von Passau entfernten Vilshofen an der Donau. Dort tritt erneut SPD-Chef Kurt Beck auf, der bereits vor zwei Jahren Gastredner im traditionsreichen "Wolferstetter Keller", der einstigen Aschermittwochshochburg der CSU war. Vom rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten sei eine "gemäßigte Rede" zu erwarten, sagte der Sprecher der bayerischen SPD, Harald Schneider. Es sei unwahrscheinlich, dass Beck auf Stoiber, der sein Berliner Koalitionspartner ist, "draufhaut." Möglich sei aber, dass er "von Parteichef zu Parteichef Mitleid äußert, wie die CSU auf einmal mit ihrem Vorsitzenden umgeht".

Hohn und Spott in Richtung CSU sind dagegen vom bayerischen SPD-Chef Ludwig Stiegler und SPD- Landtagsfraktionschef Franz Maget zu erwarten. Sowohl bei der CSU als auch bei der SPD haben sich nach Angaben der Parteisprecher so viel Medienvertreter wie noch nie angemeldet.

Wie immer ist Passau Mittelpunkt der Aschermittwochs-Kundgebungen. Dort treten bei den jeweiligen Parteiveranstaltungen unter anderem Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin und Linksfraktionschef Gregor Gysi auf. FDP-Chef Guido Westerwelle sagte kurzfristig wegen Grippe ab. Bei den Freien Wählern redet der Landesvorsitzende Hubert Aiwanger, der in den vergangenen Monaten mit scharfer Kritik bei der CSU angeeckt war.

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