Stoiber bekräftigt Ost-Kritik:"Wir haben leider nicht überall so kluge Bevölkerungsteile wie in Bayern"

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Nachdem Stoiber auf einer Wahlkampfveranstaltung Ostdeutsche als "Frustrierte" bezeichnete, hagelt es erwartungsgemäß Kritik. Doch Bayerns Ministerspräsidenten scheint dies nicht zu kümmern. Im Gegenteil: Er holt weiter gegen den Osten aus.

Ungeachtet der heftigen Kritik an seiner ersten Bemerkung über Ostdeutschland bekräftigte der CSU-Chef seine Äußerung am Mittwochabend sinngemäß. Stoiber sagte nach einem Bericht des Bayerischen Rundfunks auf einer Wahlkampfveranstaltung in Schwandorf, er wolle nicht, dass die Wahl noch einmal im Osten entschieden werde.

Hält die Bayern für klüger - Ministerpräsident Edmund Stoiber. (Foto: Foto: ddp)

Wenn es überall so wäre wie in Bayern, so der Ministerpräsident, dann gäbe es keine Probleme. "Wir haben leider nicht überall so kluge Bevölkerungsteile wie in Bayern", sagte Stoiber nach Angaben von B5 aktuell. Die Stärkeren müssten manchmal die Schwächeren ein Stück mitziehen, fügte er hinzu.

Politiker von SPD und Grünen hatten eine ähnliche Äußerung des CSU-Chefs heftig kritisiert. Stoiber hatte am Donnerstag vergangener Woche in Argenbühl in Baden-Württemberg gesagt: "Ich akzeptiere nicht, dass erneut der Osten bestimmt, wer in Deutschland Kanzler wird. Es darf nicht sein, dass die Frustrierten über das Schicksal Deutschlands bestimmen."

Interpretationshilfe von der CSU

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) wies die Bemerkung scharf zurück. Er verbitte sich "den Versuch Stoibers, die Ostdeutschen zu Wählern zweiter Klasse zu machen", sagte der SPD-Vize am Mittwoch der dpa in Berlin. "Es gilt die elementare Regel der Demokratie, dass die Stimme eines jeden Deutschen gleiches Gewicht hat."

Auch die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring- Eckardt, kritisierte Stoiber. "Wir sind ein Land, und weder bestimmen die Ostdeutschen oder die Bayern die Politik, sondern das geht nur gemeinsam", sagte die ostdeutsche Politikerin. "Stoiber soll aufhören, Deutschland auseinander zu dividieren. Wer die Mauer wieder aufbauen will, ob aus Ost- oder Südbayern, der vergeigt die Zukunft Deutschlands."

CSU-Generalsekretär Markus Söder erklärte dagegen, Stoiber habe die Spitzenkandidaten der Linkspartei, Oskar Lafontaine und Gregor Gysi, als "Frustrierte" bezeichnet und nicht die Menschen im Osten. Die CSU akzeptiere nicht, dass "ein ausgewiesener Gegner der deutschen Einheit wie Lafontaine und in seinem Schlepptau Gysi jetzt die Menschen im Osten mobilisieren wollen, um über ein Linksbündnis zu bestimmen, wer Kanzler in Deutschland wird", sagte Söder weiter.

Den Kritikern in der SPD warf Söder vor, "Stoibers Mahnungen zu verdrehen". Sie sollten lieber den Kampf gegen die Linkspartei führen. CDU-Generalsekretär Volker Kauder vermied im ZDF eine direkte Stellungnahme zu den Bemerkungen Stoibers.

Es werde "in ganz Deutschland entschieden, wer Kanzler wird", sagte Kauder. Die Union werde in den neuen Bundesländern genauso werben wie in den alten. "Wir nehmen die Sorgen und Nöte der Menschen in den neuen Bundesländern sehr ernst. Wir wissen, dass wir ihnen Perspektive und Hoffnung geben müssen."

"Unglaubliche Arroganz"

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) sagte der Leipziger Volkszeitung: "Herr Stoiber war noch nie ein Freund des Ostens." Er habe offenbar "ein Problem mit dem freien Wahlrecht für Ostdeutsche".

Thüringens SPD-Landes- und Fraktionschef Christoph Matschie sagte: "Anscheinend würde uns Stoiber am liebsten das Wahlrecht entziehen." Matschie kritisierte "die unglaubliche Arroganz, die offensichtlich eine ganze Reihe führender Unionspolitiker gegenüber uns Ostdeutschen haben". Er erwarte "umgehend eine Entschuldigung von Stoiber für diese Ungeheuerlichkeit".

Zuvor war Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) wegen einer Bemerkung über Ostdeutschland auch parteiintern heftig kritisiert worden. Nach dem Fund von neun Babyleichen, deren Tötung oder die Schwangerschaft der Mutter weder Familienangehörige noch Nachbarn bemerkt haben wollen, hatte Schönbohm das SED-Regime und die "erzwungene Proletarisierung" zu DDR-Zeiten als eine Hauptursache für Werteverlust und Gewaltbereitschaft in Ostdeutschland genannt. Anschließend hagelte es Kritik und Rücktrittsforderungen gegen Schönbohm.

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