Steuerdebatte:Union bremst Kirchhof

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Der Finanzexperte im Wahlkampfteam der Union stößt mit seinem radikalen Steuerkonzept auch in der CDU auf erhebliche Bedenken. Die SPD nannte Kirchhofs Vorschläge indes "brutal ungerecht".

Umstritten ist in der Union, inwieweit das Modell des ehemaligen Verfassungsrichters, das über das Wahlprogramm der Union hinaus geht, im Falle einer Regierungsübernahme umgesetzt wird.

CDU-Generalsekretär Volker Kauder bremste Spekulationen um eine große Steuerreform bis Anfang 2007. Ein Einkommensteuersatz von 25 Prozent, wie ihn der parteilose Kirchhof vorschlägt, sei "mit unserem Regierungsprogramm so jetzt nicht umsetzbar." Führende Unionspolitiker verwiesen darauf, dass auch Länderinteressen berücksichtigt werden müssten.

Kirchhof, der Finanzminister einer Unions-geführten Regierung werden soll, kündigte im Fall des Wahlsiegs eine große Steuerreform zum 1. Januar 2007 an. Er strebt einen einheitlichen Steuersatz von 25 Prozent in der Spitze auf alle Einkünfte an. Zugleich sollten alle 418 Subventionen und Ausnahmen des Steuerrechts abgeschafft werden.

Das Unions-Programm sieht Einkommensteuersätze zwischen 12 und 39 Prozent vor. Zudem sollen viele Vergünstigungen "gestrichen oder eingeschränkt" werden.

"Wir haben keine Zeit mehr"

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung plädierte Kirchhof für eine rasche Reform: "Wir haben keine Zeit mehr, erst einmal große Kommissionen zu bilden." Im Spiegel sagte der 62-Jährige: "Natürlich will ich meine Konzepte auch in einer Regierung umsetzen." Das Unionsprogramm sei ein wichtiger Schritt zur Vereinfachung. Sein Ziel sei aber, langfristig ein Steuersystem zu schaffen, in dem Bürger und Unternehmen gleich besteuert werden - unabhängig davon, womit das Geld verdient werde.

Kauder sagte dem Focus, Kirchhof habe "den Freiraum, der in Koalitionsverhandlungen vereinbart wird". Unions-Fraktionsvize Wolfgang Schäuble (CDU), der im "Kompetenzteam" von Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) sitzt, kündigte in der Sächsischen Zeitung Übergangsfristen bei der Kürzung der Pendlerpauschale an.

Für den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU) sind Kirchhofs Überlegungen für die künftige Regierung gut zu gebrauchen. "Es ist legitim, dass Kirchhof in einigen Punkten der Einkommensteuerreform für eine möglichst große Lösung wirbt", sagte er der Berliner Zeitung. Kirchhof müsse sich aber mit den Länder-Wünschen auseinander setzen.

Kirchhof wies erneut Vorwürfe aus Bund und Ländern zurück, sein Konzept sei nicht finanzierbar und koste den Staat im ersten Jahr 42 Milliarden Euro. "Da liegt ein erheblicher Denkfehler vor", sagte er der FAS. "Absurd" sei auch der Einwand, seine Pläne seien sozial ungerecht. "Alle Einkommen bis 50.000 Euro im Jahr stellen sich durch mein Modell besser."

Finanzminister Hans Eichel (SPD) verwies darauf, dass das Konzept Kirchhofs von allen CDU-Finanzministern als unfinanzierbar und unsozial abgelehnt worden sei. In zentralen Feldern der Unternehmensbesteuerung habe die Union zudem kein Konzept. "Klar ist bei Merkels Union gar nichts", sagte er der BZ am Sonntag.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse nannte das Steuer-Modell Kirchhofs verfassungswidrig. Die Vorschläge seien "verführerisch einfach, brutal ungerecht und nicht finanzierbar", sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende der Leipziger Volkszeitung. Nutznießer seien Vielverdiener. "Das widerspricht sogar unserer Verfassung. Denn da ist ein Sozialstaatsgebot verankert."

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