Stabilitätspakt:In der Flexibilität liegt die Tücke

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Der Euro-Stabilitätspakt wird aufgeweicht - eigentlich ein Gewinn für Deutschland. Fraglich ist, ob die Bundesregierung wirklich Freude daran haben wird. Ein Kommentar von Nikolaus Piper.

Der Pakt ist wunderbar. Nur war er doch eigentlich auf Italiener, Spanier und Griechen gemünzt. Eine Unverschämtheit, ihn auch auf Deutschland anzuwenden. So scheinen viele in der Bundesregierung zu denken, wenn es um die Regeln geht, die die Stabilität des Euro garantieren sollen.

Es waren die Deutschen, die den Pakt gegen erheblichen Widerstand in Europa durchgesetzt haben nach dem Motto: je härter, desto besser. Und es sind jetzt die Deutschen, denen es nicht schnell genug gehen kann mit der Aufweichung des Regelwerks. Nach den jüngsten Vorschlägen des luxemburgischen Ministerpräsidenten Juncker zu schließen, scheint die Bundesregierung in Sachen Aufweichung relativ erfolgreich zu sein. Aber ob sie Deutschland damit einen Dienst erwiesen hat?

Pakt wird unglaubwürdig

Richtig ist, dass der Pakt in der bisherigen Form seine Tücken hat: Er beschränkt die Möglichkeiten der Regierungen, Wachstumspolitik zu betreiben, er gibt Fehlanreize, weil er in schlechten Zeiten zu streng und in guten zu lax ist. Schließlich wird er immer weniger glaubwürdig, weil sich die Staaten, die gegen ihn verstoßen, bisher mit Erfolg um die Konsequenzen gedrückt haben.

Richtig ist aber auch, dass eine Währungsunion irgendein Regelwerk für die Finanzpolitik braucht, solange es keine explizite europäische Finanzpolitik gibt. Nutzlos sind dabei verschwiemelte Regeln, bei denen niemand weiß, ob er sie nun selbst gerade einhält oder nicht.

Und genau das sind die luxemburgischen Vorschläge, die die EU-Finanzminister jetzt beraten: verschwiemelt. Schlimmer noch: Sie müssen es sein, nach dem die EU sich einmal darauf eingelassen hat, viel stärker die besondere Lage von Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen, oder vielmehr das, was die Regierungen dafür halten.

Berücksichtigt bei der Beurteilung von Staatsdefiziten werden künftig "Naturkatastrophen, externe (aber keine makroökonomischen) Schocks und andere Großereignisse, die besondere Lasten implizieren, nicht das Ergebnis finanzpolitischer Entscheidungen sind und Wirtschaftswachstum und Haushaltsdefizite beeinflussen".

Gewinn für Deutschland fraglich

Wer den Satz liest, merkt sofort: Man kann ihn verstehen wie man will, und vor allem kann man nächtelang darüber streiten. Ja, unter die Formulierung passt die deutsche Wiedervereinigung, insofern scheint Juncker dem Bundeskanzler ein ganzes Stück entgegengekommen zu sein. Es ist aber alles andere als zwingend, dass Deutschland deshalb ein höheres Defizit zugestanden wird, schließlich gab es die Einheitslasten auch schon, als der frühere Finanzminister Waigel den Stabilitätspakt durchsetzte.

Möglicherweise hat Schröder sein Ziel tatsächlich erreicht und der Euro-Stabilitätspakt wird mit einer auf Deutschland gemünzten Formulierung entschärft. Schröder muss dafür aber einen hohen Preis zahlen: Deutschland verliert an Glaubwürdigkeit in der EU und bekommt einen Pakt, bei dem der Willkür Tür und Tor geöffnet sind.

© SZ vom 8.3.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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