Staatsreform:Neues Kompromissangebot an die SPD-Fraktion

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Wegen der Ablehnung etlicher SPD-Abgeordneter war die Umsetzung der Förderalismusreform in Gefahr. Nun geht die Union einen Schritt auf die Kritiker zu. Doch nicht alle Zweifel sind beseitigt.

Die Union hat der SPD-Fraktion ein neues Kompromissangebot für die geplante Föderalismusreform gemacht. Danach soll im Bereich der Wissenschaft künftig jedes einzelne Land entscheiden, ob es Programme des Bundes akzeptiert oder nicht.

Für Montagabend war in Berlin die möglicherweise entscheidende Sitzung der SPD-Fraktion zur Neuordnung der Bund-Länder-Beziehungen angesetzt. Rund 60 sozialdemokratische Abgeordnete hatten jedoch signalisiert, am Freitag bei der Verabschiedung im Bundestag mit "nein" stimmen zu wollen.

Damit würde aber die für die Grundgesetzänderungen erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht erreicht. Denn Union und SPD haben im Bundestag 448 Stimmen. Die erforderliche Mehrheit liegt bei 409 Stimmen.

In der Sitzung des Koalitionsausschusses hatte die SPD-Seite deutlich gemacht, dass ohne weitere Zugeständnisse die Zustimmung ihrer Fraktion zumindest fraglich sei. Unionsvertreter sagten daraufhin zu, diesen Wunsch noch einmal zu prüfen.

Vor allem das Verbot der Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Hochschulbereich ist umstritten. Fachleute und Verfassungsexperten arbeiteten darauf hin das neue Kompromissangebot aus.

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber forderte die SPD auf, die Föderalismusreform nicht länger zu blockieren. "Die SPD hat hier ein Problem, ich hoffe, sie hat kein Autoritätsproblem", erklärte der CSU-Vorsitzende.

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff erinnerte die Sozialdemokraten daran, dass die kleinen Parteitage aller Koalitionsparteien vor Monaten nicht nur den Koalitionsvertrag, sondern auch die Föderalismusreform beschlossen hatten. "Die große Koalition kann es sich überhaupt nicht leisten, dass es zum Scheitern der Föderalismusreform kommt", sagte der CDU-Politiker.

Kritik an "bildungspolitischer Kleinstaaterei"

Der FDP-Umweltexperte Horst Meierhofer appellierte dagegen an die reformkritischen SPD-Abgeordneten, sich beim Streit gerade in den Bereichen Bildung und Umwelt durchzusetzen. "Es ist unglaubwürdig, notwendige Änderungen zu fordern und dann trotzdem ohne sie der Föderalismusreform zuzustimmen."

Die SPD-Spitze sprach sich am Vormittag einmütig dafür aus, die Föderalismusreform umzusetzen. Mit dem Projekt beweise der Staat, dass er reformfähig sei, sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil. Die SPD-Spitze werde offen und "guten Gewissens" für die Reform werben, die die wichtigste Verfassungsänderung seit dem Jahr 1949 darstellt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, sie hoffe, dass auch die kritischen Stimmen der SPD einsähen, dass die Reform auf keinen Fall gefährdet werden dürfe. Sie sei eine zwischen Bund und Ländern ausgearbeitete Grundlage und jetzt müsse man alles daran setzen, dass sie auch umgesetzt werde.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) äußerte Kritik an der langwierigen Debatte um die Reform und wies darauf hin, dass sich Deutschland auch bald wieder europäischen Aufgaben stellen müsse: "Statt den Anforderungen eines zusammenwachsenden Europas gerecht zu werden, versinkt Deutschland in bildungspolitischer Kleinstaaterei."

Der Bundesrat will das Reformpaket am 7. Juli verabschieden.

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