SSW:Das Zünglein an der Waage

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Dem SSW wird traditionell eine Nähe zur SPD nachgesagt. Allerdings könnte einer Tolerierung von Rot-Grün für die Regierung teuer werden.

Da weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein eine ausreichende Mehrheit erzielt haben, wird der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) zum Zünglein an der Waage.

Die Partei der dänischen und friesischen Minderheit hat angekündigt, sie sei unter bestimmten Umständen bereit, eine Minderheitsregierung zu tolerieren.

Der SSW ist von der Fünf-Prozent-Klausel ausgenommen. Dieser Sonderstatus ist einmalig in Deutschland und seit den Bonn-Kopenhagener Minderheitenerklärungen von 1955 festgeschrieben.

Noch vergangenen Woche hatte das Bundesverfassungsgericht die Befreiung des SSW von der Fünf-Prozent-Klausel bestätigt.

Im nördlichen Landesteil Schleswig leben rund 50.000 Dänen mit deutschem Pass, die dem SSW traditionell nahe stehen, genauso wie die rund 10.000 Friesen in Nordfriesland an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste.

Die Partei wurde in den 40er Jahren von den beiden Minderheiten gegründet. Das ursprüngliche Ziel war, den Süden des ehemaligen Herzogtums Schleswig mit dem dänischen Nordschleswig zu vereinen.

Heute versteht sich der SSW, der mit rund 4000 Mitgliedern die drittstärkste Partei in Schleswig-Holstein ist, als von den politischen Blöcken unabhängige Kraft, die auch nicht mehr nur für Friesen und Dänen wählbar sein will.

Orientiert an der skandinavischen Politik

Seine Politik orientiert sich nach eigenen Angaben an der "dezentralen Politik" und der "gesellschaftlichen und politischen Entwicklung in Skandinavien" - insbesondere in Bezug auf die Arbeitsmarkt-, Sozial- und Bildungspolitik.

Berührungspunkte hat der SSW mit allen anderen Parteien: In der Bildungspolitik stehen sie der SPD nahe - sie fordern die Einheitsschule wie in Dänemark, die wie Gesamtschulen organisiert sind - und in der Verkehrspolitik verstehen sie sich mit der CDU und der FDP, die den Ausbau der Küstenautobahn A 20 wünschen. In der Umweltpolitik will derSSW wie die Grünen den Ausstieg aus der Atomenergie.

Allerdings hatte Ministerpräsidentin Heide Simonis schon im Wahlkampf gewarnt, dass eine Tolerierung "teuer wird", weil der SSW dann eigene Interessen noch stärker als bisher durchsetzen werde.

Seit 1947 ist der SSW im Kieler Landtag vertreten. Weit über Schleswig-Holstein hinaus bekannt wurde der SSW-Politiker Karl-Otto Meyer, der von 1971 bis 1996 als einziger Vertreter der dänischen Minderheit im Kieler Landtag saß, ehe er 1996 ausschied.

Er hatte in den 80er Jahren einmal regelmäßig mit der SPD gestimmt und schließlich für ein Patt und anschließende Neuwahlen gesorgt.

Vor fünf Jahren holte der SSW 60.367 Stimmen (4,1 Prozent) und erhielt drei Mandate. Am Sonntag kam die Partei auf 3,5 Prozent und stellt nur noch zwei Abgeordnete.

Die Partei spielt auch auf kommunaler Ebene eine wichtige Rolle, in den drei nördlichen Kommunen, wo sie neben Flensburg antreten, kommt sie teilweise auf über 20 Prozent.

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