SPD-Politiker:Peter Glotz ist tot

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Der ehemalige Bundesgeschäftsführer der Sozialdemokraten ist am Donnerstag nach kurzer schwerer Krankheit in einem Züricher Krankenhaus gestorben. Das bestätigte seine Frau. Glotz wurde 66 Jahre alt.

Der frühere SPD-Bundesgeschäftsführer Peter Glotz ist tot. Dies bestätigte ein Sprecher der Zeitschrift Neue Gesellschaft Frankfurter Hefte, dessen Chefredakteur Glotz war.

Peter Glotz (Foto: Foto: AP)

Nach Informationen der Bild-Zeitung starb Glotz am Donnerstag nach kurzer schwerer Krankheit in einer Zürcher Klinik. Seine zweite Frau Felicitas Walch sei bei ihm gewesen.

Glotz war von 1981 bis 1987 Bundesgeschäftsführer. Bei der Bundestagswahl 1994 gehörte er als Bildungs- und Forschungsexperte der Wahlkampfmannschaft und dem Schattenkabinett von SPD-Kandidat Rudolf Scharping an.

Glotz galt als "Vordenker" der SPD und der Sozialdemokratie in Richtung demokratische Mitte. In den 70er Jahren machte er sich einen Namen durch die Auseinandersetzung mit den Jungsozialisten.

Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering würdigte Glotz' Verdienste für die deutsche Sozialdemokratie. "Sein kritischer Geist und seine wache Aufmerksamkeit seiner Partei gegenüber werden uns sehr fehlen", erklärte Müntefering. Das Lebenswerk des früheren SPD- Bundesgeschäftsführers - 44 Jahre lang Sozialdemokrat - sei beeindruckend" gewesen.

"Er verband politische Leidenschaft mit Intellektualität. Er hat Wissenschaft in politische und gesellschaftliche Praxis übersetzt und umgekehrt. Er blieb dabei Politiker und verharrte nicht in der "reinen Lehre", sagte Müntefering.

Ausstieg mit Brandt

Der Kommunikationswissenschaftler und Bildungspolitiker war von 1981 bis 1987 Bundesgeschäftsführer der Sozialdemokraten und bekleidete danach zahlreiche Parteiämter. Zuletzt war am Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement der Universität St. Gallen in der Schweiz tätig.

Glotz drang mit seinen Impulsen nicht immer in der SPD durch. Im Februar 1987 trat er den Rückzug als Bundesgeschäftsführer an.

Dies geschah zeitgleich mit dem Abgang von Parteichef Willy Brandt, den Glotz als "bedeutendsten sozialdemokratischen Politiker der Nachkriegszeit" bezeichnete. Nachfolger Brandts wurde Hans-Jochen Vogel, Nachfolgerin Glotz' Anke Fuchs.

Sein endgültiges Ausscheiden aus der Politik kündigte der Professor im Sommer 1996 an und widmete sich fortan der Medien- und Kommunikationswissenschaft, zunächst als Gründungsrektor beim Wiederaufbau der Universität Erfurt. Drei Jahre später folgte er einem Ruf nach St. Gallen.

Glotz blieb in den Medien und in der Öffentlichkeit auch nach seinem Ausscheiden als Politiker präsent. Zuletzt moderierte er zusammen mit dem früheren politischen Gegner Heiner Geißler (CDU) die Polit-Sendung "Glotz&Geißler auf n-tv.

Seit 2000 war Glotz Vorsitzender der Stiftung Zentrum gegen Vertreibung. Der Autor zahlreicher Bücher wandte sich immer wieder gegen einen neu erstarkenden Nationalismus sowie gegen wachsende Fremdenfeindlichkeit. Beachtung fand vor allem das 2003 erschienene Buch "Die Vertreibung - Böhmen als Lehrstück".

Engagiert bis zuletzt

Erst gestern war die Forderung von Glotz nach einem neuen Godesberger Programm für die Sozialdemokraten veröffentlicht worden. "Ein neues Godesberg wäre eine gewaltige Chance für die inzwischen wieder einmal gespaltene SPD", hatte er in der Septemberausgabe des in Potsdam erscheinenden Magazins Cicero geschrieben.

Mit dem Godesberger Programm hatte sich die SPD 1959 weitgehend vom Marxismus verabschiedet. Die SPD solle sich dafür aber Zeit lassen und erst einmal "die Analysen der neuen Lage" diskutieren, meint Glotz.

Sollte die Partei die Wahl verlieren, würde sich die SPD "mit einem schnell zusammengeschusterten Heuschreckenprogramm" eine "Bleikugel ans Bein" binden. Sollte Rot-Grün aber die Wahl gewinnen, brauche die SPD keine neues Programm, sondern eine kluge Regierungspraxis.

Lebenslauf

Glotz kam am 6. März 1939 im böhmischen (damals deutschen) Eger als Sohn eines deutschen Versicherungsangestellten und einer Tschechin zur Welt. Die Familie floh 1945 aus dem Sudetenland nach Bayern.

Mitglied der SPD war Glotz seit 1961 und saß erstmals von 1972 bis 1977 im Bundestag, wo er sich einen Namen als Medienexperte machte.

1974 wurde er im Kabinett von Bundeskanzler Helmut Schmidt Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Bildung und Wissenschaft. 1977 übernahm er in Berlin die Stelle des Senator für Wissenschaft.

Seit 1981 war er SPD-Bundesgeschäftsführer. Seit 1983 war Glotz erneut Abgeordnerter des Bundestages. Er setzte sich für eine "offensive Außenpolitik" ein. 1987 zog er sich vom Amt des SPD-Bundesgeschäftsführers zurück.

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