SPD in der Reform-Diskussion:Schröder warnt vor Macht-Verlust

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Nach der Zitterpartie um die Verabschiedung der Gesundheitsreform bangt der Kanzler um die Regierungsfähigkeit seiner Koalition. Die Genossen streiten unterdessen, wie sie mit den Neinsagern aus den eigenen Reihen umgehen.

In Hannover erinnerte Schröder an den Untergang der sozialliberalen Koalition 1982, dem eine 16 Jahre währende Regierungszeit von CDU-Kanzler Helmut Kohl gefolgt war. Ursache war damals auch eine mangelnde Unterstützung der SPD für die Regierung von Kanzler Helmut Schmidt gewesen.

Auf einem Gewerkschaftskongress forderte Schröder seine Partei und die Gewerkschaften zu Unterstützung und Geschlossenheit beim nächsten Reformprojekt auf, der Zusammenlegung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe.

Wenn jemand glaube, man könne die zentralen Dinge dieses Reformansatzes in Watte einpacken, wäre die Reform insgesamt gefährdet. Das könne und wolle er nicht verantworten. "Das muss jedem, der daran beteiligt ist, mittelbar oder unmittelbar, klar sein", warnte der Kanzler.

SPD-Rechte fordert Mandatsverzicht der Neinsager

Aus der SPD-Fraktion wurden Forderungen nach einem Mandatsverzicht der sechs Abweichler laut, die am Freitag im Bundestag gegen die Gesundheitsreform gestimmt hatten. Nach Informationen des Münchner Magazins Focus wurden die Sechs bereits in der anschließenden Fraktionssitzung unter dem Applaus der SPD-Parlamentarier aufgefordert, ihre Mandate zurückzugeben.

Der SPD-Abgeordnete Martin Schwanhold verlangte dies öffentlich in der Neuen Osnabrücker Zeitung: "Wer der eigenen Regierung in für sie existenziell wichtigen Fragen die Gefolgschaft verweigert, der sollte dann auch so konsequent sein, sein Mandat niederzulegen."

Müntefering: Abweichler sind feige und kleinkariert

SPD-Fraktionschef Franz Müntefering kündigte an, dass sich die Neinsager im Parteivorstand rechtfertigen müssen. Er nannte es am Freitagabend in der ARD feige und klein kariert, "dass manche sich so vom Acker machen". Die eigene Mehrheit in der Koalition sei unverzichtbar.

Für die SPD-Linke wandte sich Andrea Nahles scharf gegen Druck auf die Abweichler. Damit könne man niemanden überzeugen, sagte sie in Berlin. Die Situation sei auf beiden Seiten derart angespannt, "dass man nicht noch Öl ins Feuer gießen sollte".

SPD-Vorstandsmitglied Ottmar Schreiner, der zu den Neinsagern gehörte, verteidigte sein Verhalten. Schreiner, der auch Vorsitzender der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen ist, forderte in "Focus" von seiner Partei einen "neuen Aufbruch mit klarem sozialdemokratischen Profil".

DGB-Chef Sommer kritisiert Schröder

"Wir werden als Sozialabbaupartei wahrgenommen", zitierte ihn das Blatt. Außenminister Joschka Fischer ermahnte die Kritiker, nicht vor dem gemeinsamen Wählerauftrag zur Erneuerung des Sozialstaates davonzulaufen. Der Wählerauftrag sei "nicht damit erfüllt, dass ich wegen einer Einzelfrage ... Empört bin", sagte er der Leipziger Volkszeitung.

DGB-Chef Michael Sommer warf Bundeskanzler Gerhard Schröder vor, wesentliche Wahlversprechen aus dem vergangenen Jahr zu brechen. Als Beispiele nannte er der Berliner Zeitung das neue Arbeitslosengeld II, das nicht wie zugesagt über der Sozialhilfe liegen soll, und die nicht eingehaltene finanzielle Entlastung der Kommunen. "Wir sind keine Fähnchenschwenker, die man alle vier Jahre auf die Straße schickt. Wir haben ein gutes Gedächtnis", warnte der DGB-Chef.

(sueddeutsche.de/AP/dpa)

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