SPD-Gewerkschaftsrat:Gesetzlicher Mindestlohn erst einmal vom Tisch

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Zwar wollen SPD und DGB gegen Fehlentwicklung bei Niedriglöhnen vorgehen. Doch auf eine gesetzliche Regelung für ein Mindestgehalt konnten sie sich nicht einigen.

Über die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns sind SPD und Gewerkschaften zu keiner abschließende Position gekommen. "Wir wollen, dass die Menschen einen angemessenen Lohn für ihre Arbeit bekommen", fasste SPD-Chef Franz Müntefering die Beratungen im SPD-Gewerkschaftsrat zusammen. Es sei nicht hinnehmbar, dass Löhne darunter liegen.

SPD und Gewerkschaften wollen gemeinsam gegen diese Fehlentwicklungen bei Niedriglöhnen vorgehen. Arbeitnehmer müssten auch künftig anständig bezahlt und von diesem Einkommen mit ihren Familien menschenwürdig leben können, sagte Müntefering.

In dieser Einschätzung sei man sich mit dem DGB einig. Welcher Weg dafür eingeschlagen werde, hänge auch von der Entwicklung am Arbeitsmarkt ab. Klar sei jedoch, dass die Unternehmer die Löhne nicht ständig drücken dürften.

Nach den Worten Münteferings sind vorläufige Eingliederungshilfen und Lohnkostenzuschläge ein richtiges Instrument. Für einen gesetzlichen Mindestlohn gebe es derzeit aber kein überzeugendes Konzept.

"Nicht menschenwürdig"

"Dieses Land braucht keinen Niedriglohn", betonte DGB-Chef Michael Sommer. Der um sich greifende Niedriglohnsektor müsse deshalb eingeschränkt "armutsfest" gemacht werden. Nach Sommers Worten sind Stundenlöhne von drei bis sechs Euro "nicht menschenwürdig".

Er sei froh, in dieser Frage in der SPD einen Verbündeten zu haben. Laut Sommer bekräftigten Bundeskanzler Gerhard Schröder und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (beide SPD) in der Debatte ihre Vorbehalte gegen einen Mindestlohn. Sommer geht aber nach dem Verlauf der Aussprache davon aus, dass die Koalitionsfraktionen noch einmal über Änderungen bei den Zumutbarkeitsregelungen im Hartz-IV-Gesetz nachdenken.

IG-Metall-Chef fürchtet Ende der Diskussion

Der IG-Metall-Vorsitzende Jürgen Peters befürchtet nun ein Ende der Diskussion um einen Mindestlohn. "Langsam wachsen bei mir die Bedenken, ob denn grundsätzlich jemand an das Problem herangehen will oder ob nicht einige meinen, dass der Niedriglohn durchaus eine willkommene Größe ist", sagte Peters im Deutschlandfunk. Einige nutzten "die Kompliziertheit der Materie, um im Grunde genommen nichts zu tun". Das sei nicht hinnehmbar.

Peters sprach sich erneut gegen einen gesetzlichen Mindestlohn aus und warb für den IG-Metall-Vorschlag: "Nehmt die vorhandenen Tarifverträge, setzt sie dann in der jeweiligen Branche in den Status der Allgemeinverbindlichkeit."

Weiteres Thema der SPD-Sitzung war die Zukunft der Mitbestimmung. Laut Müntefering stehen Sozialdemokraten und Gewerkschaften bei der Verteidigung dieser Arbeitnehmerrechte "Schulter an Schulter". Anerkennend äußerte sich Sommer über die Bemühungen der Bundesregierung, die Mitbestimmung bei der Neuregelung von grenzüberschreitenden Firmenfusionen in Europa zu verteidigen. Mit den sich jetzt abzeichnenden Lösungen seien die Gewerkschaften zufrieden.

Vorsichtig optimistisch

Beide Seiten äußerten sich vorsichtig optimistisch, dass es nach dem Streit der letzten Monate wegen der Reformen wieder zu einem besseren Verhältnis kommt. Es sei keine Schande, dass sich Gewerkschaften und Sozialdemokraten ab und zu Kontroversen lieferten, sagte Müntefering. Sommer betonte, alle Differenzen seien nicht ausgeräumt.

Dem SPD-Gewerkschaftsrat gehören das SPD-Präsidium sowie alle Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften an, die SPD-Mitglied sind. Die nächste Tagung wurde für Februar nächsten Jahres vereinbart.

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