SPD:Beck hält sich Kanzlerkandidatur offen

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Der designierte SPD-Chef will sein neues Amt lange ausüben, für Kontinuität sorgen und die Partei für neue Wählerschichten öffnen. Eine Mehrheit der SPD-Wähler glaubt jedoch, der Rücktritt Platzecks werde der Partei schaden.

In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für den Sender N24 sagten 52 Prozent der SPD-Anhänger, sie rechneten mit negativen Auswirkungen des Rückzugs von Matthias Platzeck. Unter allen 1000 befragten Deutschen gaben 46 Prozent an, sie erwarteten von Platzecks Rückzug eher einen Schaden für die SPD. Dagegen waren 34 Prozent der Meinung, der Wechsel zu Gunsten des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck werde den Sozialdemokraten nutzen. Unter den SPD-Anhängern sehen nur 29 Prozent einen Nutzen für die SPD.

Bei einer Direktwahl des Bundeskanzlers würden der Umfrage zufolge 46 Prozent der Deutschen Amtsinhaberin Angela Merkel (CDU) wählen und 39 Prozent für Beck votieren. Merkel habe mit 86 Prozent mehr Unterstützung unter Unionswählern als Beck mit 68 Prozent in den eigenen Reihen.

Der 57 Jahre alte Beck erklärte in Mainz, er halte sich auch eine Kanzlerkandidatur im Jahr 2009 offen. Beck sagte wörtlich: "Grundsätzlich ist es immer so, dass ein Parteivorsitzender den ersten Zugriff hat."

Allerdings gebe es aktuell keinen Grund, darüber zu spekulieren. Seine Zeit als SPD-Vorsitzender solle nicht nur eine Episode bleiben, betonte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident in mehreren Interviews. Er wolle für Kontinuität sorgen.

SPD soll attraktiv für Ärzte und Anwälte werden

Die SPD-Linke signalisierte Unterstützung für Beck. Ihre Sprecherin Andrea Nahles äußerte die Hoffnung, Beck als gelernter Elektriker werde Arbeiter und Angestellte wieder an die Partei binden.

Auch Beck selbst betonte, die SPD dürfe "nie vergessen, die Interessen der so genannten kleinen Leute zu vertreten". Doch gelte es auch, neue Wählerschichten zu erschließen. Die traditionelle Wählerschaft, das Arbeitermilieu, sei dramatisch zusammengeschmolzen. Deshalb müsse sich die Partei für Ingenieure ebenso öffnen wie für Ärzte oder Anwälte.

Beck bekräftigte, er wolle die SPD für Bündnisse mit den Grünen und der FDP offen halten. Alternativen seien generell lohnenswert.

Allerdings gebe es derzeit nicht "besonders viele Schnittmengen zwischen der Sozialdemokratie und der FDP". Eine Koalition mit der Linkspartei nach der Bundestagswahl 2009 schloss Beck aus.

Zur Bekämpfung von Dumpinglöhnen sprach sich Beck für einen "differenzierten Mindestlohn" aus. "Arbeitsbereiche wie privater Haushalt, private Pflegehilfe, aber auch der Bereich Reinigungsdienst müssen beispielsweise nach unten abgesichert werden."

Den von CDU/CSU vorangetriebenen Kombilohn hält Beck dagegen "nicht für ein Allheilmittel". Er dürfe nicht dazu führen, dass der Staat wichtige Aufgaben in Unternehmen subventioniere. Erneut beteuerte Beck seine Unterstützung für die große Koalition.

Er wolle - genau wie der wegen massiver Gesundheitsprobleme zurückgetretene Vorsitzende Matthias Platzeck - den Erfolg dieses Bündnisses. Er stehe dafür, den Regierungsauftrag der Wähler "auf Punkt und Komma zu erfüllen".

Beck bleibt Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz ...

Beck tritt kommissarisch die Nachfolge von Platzeck an und soll am 14. Mai auf einem Sonderparteitag gewählt werden.

Der 57-Jährige betonte, er wolle Ministerpräsident in Mainz bleiben. Das Amt sei sein Beruf - "ich empfinde es auch als Berufung". Der Parteivorsitz sei ein "herausragendes Ehrenamt." "Es wird meine volle Kraft haben, die mir neben dem Amt des Ministerpräsidenten zur Verfügung steht", versicherte Beck. Über die Personalien der rheinland-pfälzischen SPD, deren Vorsitzender Beck ist, werde nach Ostern gesprochen.

... und Platzeck in Brandenburg

Trotz seines angeschlagenen Gesundheitszustandes will der nach 146 Tagen vom SPD-Bundesvorsitz zurückgetretene Matthias Platzeck 2009 erneut als Brandenburger Ministerpräsident kandidieren.

Er werde jetzt mit voller Kraft sein Regierungsamt ausüben, sagte der 52-Jährige nach Angaben eines Sprechers vor den SPD-Abgeordneten des Brandenburger Landtages in Potsdam. Auch als SPD-Landesvorsitzender will Platzeck danach auf einem Landesparteitag am 1. Juli erneut kandidieren.

Im Jahr 2002 hatte der Politiker Manfred Stolpe als Ministerpräsident in Potsdam abgelöst, 2004 hatte die SPD unter seiner Führung die Landtagswahlen gewonnen. Bereits seit 2000 führt Platzeck die Brandenburger SPD.

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