Sozialstudie:Jeder vierte Deutsche ist ausländerfeindlich

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Ein rechtes Weltbild gibt es in Deutschland einer Studie zufolge in allen Schichten, Regionen und Altersgruppen - ein Problem in der Mitte der Gesellschaft.

Zu diesem Ergebnis kommt eine am Mittwoch in Berlin vorgestellten Studie der Universität Leipzig, die die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegeben hatte.

Demnach stimmen 26,7 Prozent der Deutschen ausländerfeindlichen Aussagen zu. 8,6 Prozent der Befragten haben ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild. 15,2 Prozent meinen, es sollte einen Führer geben, "der Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert".

Kein reines Jugendproblem

26 Prozent sehnten sich nach einer einzigen Partei, von der die "Volksgemeinschaft" verkörpert werde. Fast 15 Prozent zeigten sich überzeugt, dass die Deutschen anderen Völkern "von Natur aus überlegen" seien; mehr als zehn Prozent stimmten der These zu, es gebe "wertvolles und unwertes Leben".

Als "Einstiegsdroge in den Rechtsradikalismus" bezeichnen die Autoren die Ausländerfeindlichkeit. Jeder vierte Befragte hat entsprechende Einstellungen. 43,8 Prozent der Ostdeutschen und 35,2 Prozent der Westdeutschen glauben, dass Ausländer nur nach Deutschland kommen, "um unseren Sozialstaat auszunutzen". Bundesweit meinen 39,1 Prozent, dass die Bundesrepublik "durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet" ist.

Auch Antisemitismus ist weit verbreitet: 17,8 Prozent der Befragten gaben an, dass "der Einfluss der Juden zu groß" sei. 13,8 Prozent meinen, die Juden arbeiteten mit üblen Tricks, um das zu erreichen, was sie wollen. Für die Studie befragten die Wissenschaftler 4 900 Personen ab 14 Jahren. Die Autoren der Untersuchung, Elmar Brähler und Oliver Decker, warnten davor, Rechtsextremismus als Jugendproblem zu behandeln.

"Jugendliche stellen nicht die größte Gruppe der Rechtsextremen", heißt es in der Studie. Rentner und Vorruheständler gehörten ebenso zu den Befürwortern wie viele Arbeitslose.

Es seien vor allem das Gefühl politischer Einflusslosigkeit und die Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben, die die radikalen Einstellungen vieler Befragter begünstigten. Damit sei auch die These widerlegt, dass in erster Linie junge Ostdeutsche rechtsextreme Meinungen vertreten.

Bildungsniveau hat Einfluss

Bei Personen mit geringem Bildungsgrad ist die Wahrscheinlichkeit rechtsextremistischer Einstellungen zwar deutlich größer. Allerdings sind laut Studie auch 12,3 Prozent der Akademiker ausländerfeindlich, 4,1 Prozent antisemitisch, und 2,8 Prozent verharmlosten den Nationalsozialismus.

Der Begriff "rechtsextrem" sei aus wissenschaftlicher Sicht zudem irreführend. "Er suggeriert, dass es sich um klar abzugrenzendes Randphänomen handelt. Das ist aber keinesfalls so", sagte Decker. Selbst Menschen, die sich als "links" bezeichneten, lehnten nicht alle rechtsradikalen Aussagen ab.

Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Petra Pau, forderte einen breit angelegten Kampf gegen Rechts. Der Rechtsextremismus sei längst kein Problem der Innenpolitik mehr, sondern fordere alle Politikbereiche.

Dafür spricht auch eine besonders lapidar anmutenden Erkenntnis der Studie: Im Vergleich zu zwei Vorgängerstudien in den Jahren 2002 und 2004 stellten die Autoren keine wesentlichen Veränderungen fest.

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