Sozialpolitik:Fünf Euro mehr

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Die Bundesregierung will die Hartz-IV-Sätze im kommenden Jahr geringfügig erhöhen. Die Opposition sowie Verbände kritisieren dies scharf - im Vergleich zu den Lohnabschlüssen sei der Anstieg zu gering.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Die Bundesregierung will die Hartz-IV-Leistungen im kommenden Jahr geringfügig anheben. Der Satz für einen Erwachsenen soll um fünf Euro auf dann 404 Euro steigen. Das teilte das Bundesarbeitsministerium am Donnerstag in Berlin mit. Es ist die geringste Erhöhung seit 2012: Damals stieg der Regelsatz um zehn Euro, in den darauffolgenden Jahren jeweils zwischen acht und neun Euro.

Noch geringer fällt die Erhöhung der Sätze für Ehe- und Lebenspartner sowie Kinder aus. Das Ministerium plant, Partnern monatlich vier Euro mehr und damit insgesamt 364 Euro auszuzahlen. Auch Jugendliche sollen pro Monat vier Euro zusätzlich bekommen, insgesamt dann 306 Euro. Für Kinder bis sechs Jahre sowie zwischen sieben und 14 Jahren soll es drei Euro mehr geben und damit monatlich 237 Euro beziehungsweise 270 Euro.

Sozialverbände kritisierten die geplanten Erhöhungen am Donnerstag als unzureichend. Der Zuschlag von fünf Euro sei "ein Witz", sagte Ulrich Schneider, Chef des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Sein Verband beziffert das Existenzminimum für Erwachsene auf 485 Euro. Der Deutsche Kinderschutzbund schloss sich der Kritik an; ebenso die Opposition im Bundestag. Die Bundesregierung "schummelt" bei der Berechnung, deshalb sei der Regelsatz so niedrig, sagte Wolfgang Strengmann-Kuhn, sozialpolitischer Sprecher der Grünen, in Berlin. In der Linksfraktion hieß es, die Koalition sei "blind gegenüber den sozialen Nöten im Land".

Wenig Verständnis für die geringe Erhöhung zeigte auch Marcel Fratscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaft. Er warnte vor der Verschärfung der Ungleichheit zwischen Arm und Reich, weil der Anstieg der Hartz-IV-Sätze im Vergleich zu den deutschen Lohnabschüssen viel zu niedrig ausfalle. Der Stiftung Marktwirtschaft wiederum waren die fünf Euro schon zu viel. Jede Steigerung der Leistung sei falsch, weil sie einen Anreiz setze, nicht zu arbeiten, sagte Stiftungsvorstand Michael Eilfort. Wer nicht arbeite, bekomme automatisch mehr. Wer arbeite, nicht.

Das Bundeskabinett will die Hartz-IV-Sätze am 23. September beschließen, der Bundesrat soll dann am 25. September zustimmen. Die neuen Sätze gelten 2016 auch für Asylsuchende, deren Antrag bewilligt wurde. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sagte am Donnerstag im Bundestag, die Sozialhilfe- und Hartz-IV-Ausgaben könnten wegen der vielen Zuwanderer im kommenden Jahr voraussichtlich um zwei Milliarden Euro steigen. Angesichts der anhaltend hohen Zahl von Asylbewerbern, die inzwischen intern auf rund eine Million pro Jahr geschätzt werden, betonte Nahles, die Kosten könnten nur im Griff behalten werden, "wenn wir aktiv eingreifen". Nahles plant für 2016 weitere 600 Millionen bis 1,1 Milliarden Euro ein, damit Menschen mit Asyl schneller einen Arbeitsplatz finden.

© SZ vom 11.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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