Sommerpause:Noch einmal auf Merkels Stuhl

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Vorne: Sigmar Gabriel, Vizekanzler. Dahinter: Merkels Rückenlehne. (Foto: Markus Schreiber/AP)

Vizekanzler Sigmar Gabriel vertritt im Bundeskabinett die Kanzlerin - vielleicht zum letzten Mal.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Es ist wie in jedem größeren Betrieb, in jeder Behörde und Gerüchten zufolge auch in jeder Zeitungsredaktion: Wenn der Chef oder die Chefin im Urlaub ist, muss der Stellvertreter ran. So ist das im Bundeskabinett ebenfalls - und weil Angela Merkel vor den letzten Wahlkampfwochen noch mal etwas ausspannt, leitete am Mittwoch an ihrer Stelle der Vizekanzler die Kabinettssitzung: Sigmar Gabriel.

In den vergangenen Jahren fand dieses Ereignis meist einige mediale Beachtung, schließlich bestand da noch die Möglichkeit, dass Gabriel im Wahlkampf die Kanzlerin herausfordern und versuchen würde, sich ihren Platz nicht nur vertretungsweise, sondern dauerhaft zu sichern. In diesem Jahr allerdings ist aus der Sache ein wenig die Luft raus. Gabriel ist zwar nach wie vor Vizekanzler, doch Merkels Herausforderer heißt Martin Schulz. Selbst wenn der SPD also noch der Wahlsieg gelingen sollte, wäre es nicht Gabriel, der sich dann auf Merkels Platz einrichten würde.

Dass die Vertretungslösung an Brisanz verloren hat, ließ sich auch am Verlauf der Regierungspressekonferenz am frühen Mittwochnachmittag ablesen. Da berichtete die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer zunächst, dass es im Kabinett um den Sozialbericht 2017 sowie den Rechenschaftsbericht zur Umsetzung der nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt gegangen sei. Außerdem hätten Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) über den Dieselgipfel informiert. Dann, kurz vor dem Ende ihres Vortrags, sagte Demmer noch: "Und übrigens war das heute ein Kabinett unter der Leitung des Vizekanzlers Sigmar Gabriel." Zu vermelden hatte sie zudem, dass die Sitzung zehn Minuten nach zehn zu Ende gewesen sei, was einer Dauer von etwa 40 Minuten entspricht. Ob Gabriel alles im Griff gehabt habe? "Selbstverständlich."

Es spricht einiges dafür, dass er die Gelegenheit im nächsten Sommer nicht mehr haben wird. Falls es doch noch einmal zu einer großen Koalition kommt, dürfte ein anderer Genosse den Platz des Vizekanzlers einnehmen - wobei Gabriel ohnehin eher nicht mit einer Neuauflage zu rechnen scheint, und zwar wegen des "nationalkonservativen Teils" von CDU und CSU, so formulierte er es nun im Stern. Dieser Teil wollen den Rüstungsetat anheben und die Sozialausgaben kürzen. "Das ist mit der SPD nicht zu machen. Deshalb werden wir uns trennen."

© SZ vom 03.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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