Sieg des EU-Skeptikers:Machtwechsel in Tschechien

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Die oppositionelle Demokratische Bürgerpartei (ODS) hat die tschechischen Parlamentswahlen gewonnen. Die Partei gilt als äußerst EU-skeptisch.

Die oppositionelle Demokratische Bürgerpartei hat die Parlamentswahl in Tschechien laut vorläufigem Ergebnis gewonnen.

Sie lag nach Angaben der Statistikbehörde vom Samstagabend bei 35,4 Prozent der Stimmen. Das sind rund elf Prozentpunkte mehr als 2002. Die seit acht Jahren regierenden Sozialdemokraten von Ministerpräsident Jiri Paroubek kamen auf 32,3 Prozent.

Der Vorsitzende der EU-skeptischen konservativen Partei, Mirek Topolanek, betonte seinen Anspruch auf die Führung der neuen Regierung. "Wir haben die Wahl gewonnen", sagte Topolanek im tschechischen Fernsehen.

Er wolle in einer Koalition mit den Christdemokraten (KDU-CSL) die Sozialdemokraten (CSSD) ablösen, sagte der 50-Jährige.

Der amtierende Ministerpräsident Jiri Paroubek sagte, er müsse sich für das Ergebnis seiner Partei nicht schämen. Er hatte im Wahlkampf einen Ausbau des Sozialstaats versprochen, der aber schwer zu finanzieren sein dürfte.

EU-Verfassung "ein Haufen Mist"

Wahlsieger Topolanek hatte vor der Wahl unter anderem angekündigt, eine auf 15 Prozent angesetzte Einheitssteuer ("flat tax") einzuführen. Den geplanten EU-Verfassungsvertrag nannte er im Wahlkampf "einen Haufen Mist".

Beide Parteien hatten vor der Wahl eine große Koalition ausgeschlossen. Eine wichtige Rolle wird daher der christdemokratischen KDU-CSL zukommen, die bereits ihre Bereitschaft zu einer Koalition mit der ODS signalisiert hat. Sie konnte der ersten Hochrechnung zufolge 7,2 Prozent der Stimmen gewinnen.

Als dritte Kraft in einer solchen möglichen Koalition gelten die Grünen (SZ), die mit 6,3 Prozent als erste grüne Partei in einem ehemals sozialistischen Land den Sprung ins Abgeordnetenhaus schafften. Die Vizevorsitzende Dana Kuchtova sprach von einem "historischen Moment", und ihr Vorstandskollege Petr Stepanek jubelte: "Das ist schöner als Silvester."

Fünfte Partei im Abgeordnetenhaus werden die Kommunisten (KSCM) sein, die 12,9 Prozent der Stimmen erhielten. Sie hatten den Sozialdemokraten vor der Wahl ein Bündnis vorgeschlagen, das nun jedoch keine Mehrheit haben dürfte.

Die Wahlbeteiligung lag bei rund 64,5 Prozent der acht Millionen Wahlberechtigten. Vor vier Jahren waren es 58 Prozent gewesen. In Prag wurde erwartet, dass Staatspräsident Vaclav Klaus (ODS) in den nächsten Tagen mit den Parteispitzen zusammenkommt.

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