Sicherheitspolitik:US-Regierung: Deutschland soll mehr für die Nato tun

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Nicholas Burns, der scheidender Botschafter Washingtons bei der Allianz, fordert von Berlin höhere Militärausgaben.

Von Christian Wernicke

Brüssel - Die US-Regierung drängt die Bundesrepublik, im Rahmen der Nato mehr Verantwortung zu übernehmen. Dazu müsse Berlin jedoch seine Verteidigungsausgaben steigern und die Reform der Bundeswehr beschleunigen. Dies sei nötig, "damit Deutschland die Führungsrolle spielen kann, die es unserer Meinung nach in der Nato übernehmen muss", sagte der bisherige US-Botschafter bei der Nato in Brüssel, Nicholas Burns.

Der hochrangige Diplomat, der in der neuen US-Regierung als Staatssekretär für "politische Angelegenheiten" den dritthöchsten Posten im Außenministerium innehaben wird, fügte hinzu: "Deutschland ist das größte europäische Mitglied der Allianz, Deutschland ist ein Land, das Trends schafft. Es ist unsere Hoffnung, dass Deutschland seine Reformen vorantreibt und mehr Geld für Verteidigung ausgibt."

Großer Respekt für Struck

In einem Interview mit mehreren europäischen Zeitungen, darunter der Süddeutschen Zeitung, lobte Burns ausdrücklich das deutsche Engagement in Afghanistan und auf dem Balkan. Auch habe er "großen Respekt für die Anstrengungen von Minister Struck", die Bundeswehr umzubauen und stärker für internationale Militärmissionen zu rüsten.

Zugleich kritisierte der 49 Jahre alte Diplomat jedoch, dass "der deutsche Verteidigungsetat für die nächsten zwei Jahre eingefroren ist". Im Gegensatz dazu würden andere europäische Länder weitaus größere Anstrengungen zur Modernisierung ihrer Streitkräfte unternehmen.

Unfaire Lastenverteilung

Als Beispiel nannte Burns Frankreich, Großbritannien, Dänemark und Norwegen. Ohne ausdrücklichen Verweis auf Berlin bemängelte Burns, die derzeitige Lastenverteilung im Bündnis sei "nicht fair". Er verwies auf "den Nato-Standard", wonach "jedes Land zwei Prozent seines Bruttosozialprodukts für Verteidigung ausgeben sollte".

Während die US-Ausgaben derzeit bei 3,6 Prozent lägen, würden "zu viele Länder" weitaus weniger in ihre Sicherheit investieren. Nach Nato-Berechnungen liegt Deutschlands Verteidigungshaushalt derzeit bei 1,5 Prozent seines Sozialprodukts.

Burns erklärte, dies sei "für die USA ein Grund zur Sorge", da zwischen den Verbündeten zunehmend eine "militärische Lücke" aufreiße. Etliche Nato-Staaten könnten aufgrund fehlender Mittel "einen Großteil ihrer Truppen nicht einmal jenseits ihrer Grenzen einsetzen - weil sie dafür nicht ausgebildet sind oder sie keine Flugzeuge haben, die die Soldaten an Orte wie Afghanistan bringen".

USA wünschen sich stärkere EU

Burns kündigte an, die USA würden weiterhin auf einen Ausbau der Nato-Mission im Irak dringen. Noch in diesem Jahr müsse die Allianz ihren Einsatz zur Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte "verdoppeln oder verdreifachen". Bisher habe die Nato nur etwas mehr als hundert militärische Trainer nach Bagdad entsandt.

Indirekt ging Burns auf Distanz zum Vorschlag von Bundeskanzler Gerhard Schröder, neben der Nato einen sicherheitspolitischen Dialog zwischen der EU und den USA zu etablieren. "Wir glauben, dass die Nato der zentrale Ort der transatlantischen Beziehungen sein muss", sagte Burns, "hier müssen die wichtigsten Fragen diskutiert werden".

Zwar wünsche Washington, "dass die EU stärker wird", aber "weil wir zur Nato gehören, wollen wir die Nato nutzen. Und wir wollen die Nato stärker denn je nutzen".

© SZ vom 5.3.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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