Shinzō Abe:Faible für Autokraten

Japans Premier eifert Putin und Erdoğan nach.

Von Christoph Neidhart

Zweiundzwanzig Mal hat Japans Premier Shinzō Abe sich bereits mit Wladimir Putin getroffen, öfter als mit jedem anderen Staatschef. Auch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, damals noch Premier, hat sich Abe gut verstanden. US-Präsident Donald Trump nennt Abe einen besonderen Freund. Mit den braven Demokraten in Europa dagegen wird der Japaner nicht richtig warm.

Putin und Erdoğan haben - formaldemokratisch korrekt - mehr Macht an sich gerissen, als ihre Verfassungen ihnen zugestehen wollten. Sie sind heute korrupte Autokraten. Abe hätte nach den Statuten seiner liberaldemokratischen Partei (LDP) diesen Herbst wegen der Amtszeitbeschränkung abtreten müssen. Doch auch er hat - formell korrekt - die Regeln für sich ändern lassen. Am Donnerstag wählte ihn die LDP, die er gleichgeschaltet hat wie keiner vor ihm, für eine dritte Amtszeit zum Parteipräsidenten. Damit bleibt er automatisch Regierungschef.

Ein zweiter Blick verrät: Abes Sieg ist hohl. Die Parlamentsabgeordneten, deren Karrieren von seinem Wohlwollen abhängen, haben ihn mit klarem Mehr gewählt. Die Regionalsektionen der LDP dagegen stimmten zu 47 Prozent für seinen wenig populären Gegenkandidaten. Das verrät, wie unzufrieden viele Japaner mit Shinzō Abe sind.

© SZ vom 21.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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