Senatoren auf Lebenszeit:Rache ist süß

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Italiens Rekordmann der Macht, Giulio Andreotti, hat gemeinsam mit anderen Senatoren die Regierung Prodi zu Fall gebracht. Der gewiefte Alte bestritt jedes Kalkül - und dürfte Genugtuung für eine empfindliche Niederlange empfunden haben.

Ulrike Sauer, Rom

Neun Monate half ein italienischer Anachronismus Romano Prodi mit Ach und Krach über die Runden. Sieben Senatoren auf Lebenszeit, jene um das Wohl des Landes hochverdienten Bürger, die der Staatspräsident zu Würdenträgern ernennt, polsterten in entscheidenden Abstimmungen die hauchdünne Mehrheit der Regierung in der obersten Parlamentskammer auf. Am 281. Tag ließen sie Prodi nun in Stich.

Giulio Andreotti war selbst Regierungschef - und ist jetzt Senator auf Lebenszeit (Foto: Foto: Reuters)

"Senator ist Senator", pflegte der Premier zu sagen, wenn die rechte Opposition gegen die Schützenhilfe nicht vom Volk gewählter Vertreter zu Felde zog.

Elf Mal hatte der nun zurückgetretene Regierungschef seit Mai die Abstimmung über wichtige Gesetze mit der Vertrauensfrage verbunden.

Nur so konnte er sich mit einer einzigen Stimme Mehrheit im Senat an der Macht halten. Stets votierten mehrere Senatoren für seine vom ersten Tag an uneinige und bedrohlich wankende Regierung. Oder blieben einfach zu Hause.

Neben den drei Ex-Staatspräsidenten Francesco Cossiga, Oscar Luigi Scalfaro und Carlo Azeglio Ciampi entscheiden gegenwärtig vier weitere Senatoren auf Lebenszeit über das Schicksal der römischen Regierung.

Italiens Rekordmann der Macht Giulio Andreotti, 88, die Medizin-Nobelpreisträgerin Rita Levi-Montalcini, 97, der Industrielle Sergio Pininfarina und Alt-Politiker Emilio Colombo.

Fatal wurden Prodi bei der Abstimmung über die außenpolitische Vorlage am Aschermittwoch die überraschenden Enthaltungen von "Dio Giulio", dem göttlichen Julius alias Andreotti, und von Autodesigner Pininfarina.

Sie wurden als Gegenstimmen gezählt und addierten sich zu den Enthaltungen zweier Dissidenten vom linksradikalen Koalitionsflügel.

"Ich habe das wirklich nicht aus Kalkül gemacht", beteuerte der gewiefte Polit-Doyen Andreotti hernach. Und dennoch: Der Mann, der selbst sieben Nachkriegskabinette geführt hat, brachte Italiens 60. Regierung mit zu Fall.

Um zwei Stimmen unterlag Prodi. Exakt zwei Stimmen fehlten auch dem von Mafia- und Mordvorwürfen freigesprochen Andreotti, als er zu Beginn der Legislaturperiode im April von der Opposition unter Silvio Berlusconi zum Senatspräsidenten wählen lassen wollte. Rache ist süß. Auch im Jahre 2007 ist Italiens großer Alter noch Zünglein an der Waage.

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