Senator Edward Kennedy:Rechtfertigung des Irak-Krieges war "Betrug"

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"Es gab keine unmittelbar bevorstehende Bedrohung", sagte der demokratische Politiker. Im Irak gabe es nach einem Angriff auf US-Soldaten erneut mehrere Verletzte. In das Abwehrfeuer der Amerikaner gerieten auch Journalisten.

Die von der US-Regierung vorgebrachten Gründe für den Sturz Saddams als bezeichnete Kennedy in einem Interview als einen "in Texas erfundenen" Betrug.

Zugleich warf Kennedy der Regierung vor, sie könne über knapp die Hälfte der monatlichen Kriegskosten in Höhe von vier Milliarden Dollar keine Rechenschaft ablegen.

Seiner Vermutung zufolge fließe das Geld an Regierungschefs in der ganzen Welt, "um sie zu bestechen, Truppen (nach Irak) zu schicken".

Unterdessen hat US-Zivilverwalter im Irak, Paul Bremer, iranische Agenten beschuldigt, den Wiederaufbau des Landes zu sabotieren. In einem Interview mit der britischen Zeitung The Daily Telegraph sagte er, die Agenten unterstützten Gruppen, die gewalttätige Aktionen gegen Koalitionstruppen und Iraker ausführten.

"Iran mischt sich weiter in Iraks innere Angelegenheiten ein", kritisierte er. Auf die Frage, ob die Iraner auch verdächtigt würden, an Bombenanschlägen beteiligt gewesen zu sein, antwortete er: "Es gibt auf jeden Fall einige Hinweise darauf, ja." Zur Stimmung im Irak sagte Bremer: "Es herrscht enorme Dankbarkeit für das, was wir getan haben."

Journalisten unter US-Feuer

Bei einem Angriff auf US-Truppen in der mittelirakischen Stadt Chaldija waren am Donnerstag nach Angaben der Streitkräfte zwei Soldaten verletzt worden. Der arabische Fernsehsender El Arabija sprach dagegen von acht Toten. Der Überfall ereignete sich auf der Hauptstraße der im so genannten sunnitischen Dreieck gelegenen Stadt. Zunächst detonierte eine ferngezündete Bombe, danach wurden die Soldaten beschossen.

Nach dem Angriff schossen die US-Soldaten auf alles, was sie als bedrohlich einstuften. Auch Journalisten gerieten unter Feuer. Das Fahrzeug eines Fotografen wurden rund 20 Mal getroffen. Dabei ging die Windschutzscheibe zu Bruch, und alle Reifen wurden zerschossen.

Es wurde aber niemand verletzt. Der Fahrer berichtete, ein 20-jähriger Mann sei von einem Querschläger in die Brust getroffen worden und blutend in ein Taxi gelegt worden. Ferner wurde ein ziviler Tanklastwagen in Brand geschossen.

Nach Einbruch der Dunkelheit zogen sich die US-Truppen aus Chaldija zurück. Anschließend liefen Iraker auf die Straße und tanzten. Sie trugen ein großes Transparent mit dem Bild des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein in Kampfuniform. Sie feuerten Freudenschüsse in die Luft ab und sangen: "Wir opfern dir unser Blut und unsere Seelen, Saddam!"

Im so genannten sunnitischen Dreieck nördlich und westlich von Bagdad gibt es den stärkten Widerstand gegen die Besatzungstruppen. Erst am Montag fiel der Polizeichef von Chaldija einem Attentat zum Opfer. Nördlich von Bagdad stand nach einer Explosion eine Ölpipeline in Brand. Es handelte sich vermutlich um Sabotage.

Kurze Zeit nach dem Zwischenfall in Chaldija detonierte an einer Straße 15 Kilometer westlich eine zweite Bombe, als ein US-Konvoi die Stelle passierte. Dabei wurde mindestens ein Geländewagen zerstört, der als Truppentransporter diente.

In Falludscha, etwa 30 Kilometer östlich von Chaldija, wurde am Mittwochabend nach irakischen Angaben ein 14-jähriger Junge erschossen. Den Angaben zufolge wurden die Schüsse von einer vorbeifahrenden US-Patrouille abgegeben.

Die Soldaten fühlten sich offenbar bedroht, als eine Hochzeitsgesellschaft Freudenschüsse in die Luft feuerte. Bei dem Zwischenfall wurden nach irakischen Augenzeugen außerdem sechs Menschen verletzt.

Der Oberbefehlshaber der Besatzungstruppen, Generalleutnant Ricardo Sanchez, sagte in Bagdad, den Tod des Jungen könne er nicht bestätigen. Der Zwischenfall in Fallduscha werde aber untersucht.

Angesichts des Unmuts der Iraker erwägen die Besatzungsmächte nach Angaben von Sanchez Erleichterungen für die Bevölkerung. Unter anderem sei an eine Verkürzung der nächtlichen Ausgangssperre in Bagdad gedacht.

Überarbeiteter US-Resolutionsentwurf verzögert sich

Der überarbeitete US-Entwurf für eine neue Irak-Resolution verzögert sich offenbar. Der Vorschlag, der Forderungen Frankreichs und Deutschlands nach einer erweiterten Rolle der Vereinten Nationen Rechnung tragen soll, wurde zunächst noch für diese Woche im Sicherheitsrat erwartet. US-Präsident George W. Bush deutete aber die USA seien noch nicht so weit. "Wir sprechen noch darüber", sagte Bush.

(sueddeutsche.de/AP/dpa)

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