Schwere Ausschreitungen in Schanghai:China verweigert Japan Entschuldigung

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Die erneuten anti-japanischen Proteste und Chinas Verweigerung einer Entschuldigung haben die Stimmung zwischen beiden Staaten zu Beginn der zweitägigen Krisengespräche weiter verschlechtert. Japans Außenminister Nobutaka Machimura sieht auch die wirtschaftlichen Beziehungen gefährdet.

Von Henrik Bork

Anti-japanische Proteste während des Chinabesuchs von Tokios Außenminister Nobutaka Machimura haben die Spannungen zwischen den beiden Staaten am Sonntag weiter angeheizt. Machimura bekräftigte zu Beginn der zweitägigen Krisengespräche in Peking die Forderung nach einer Entschuldigung für die seit drei Wochen andauernden anti-japanischen Ausschreitungen. Chinas Außenminister Zhaoxing Li entgegnete, es gebe nichts, wofür sich Peking entschuldigen müsse.

Unter Verweis auf die verharmlosende Schulbuch-Darstellungen japanischer Kriegsverbrechen in China zwischen 1931 und 1945 entgegnete Li, Tokio verletze die Gefühle des chinesischen Volks. Machimura überbrachte eine offizielle Protestnote der japanischen Regierung, in der eine Entschuldigung für die Ausschreitungen sowie Schadensersatz für Sachschäden an diplomatischen Vertretungen gefordert wird.

Wirtschaftliche Beziehungen gefährdet

Machimura sagte vor seinem Abflug nach Peking dem Fernsehsender NHK, es sei möglich, dass die chinesisch-japanischen Beziehungen einschließlich der wirtschaftlichen einen ernsten Rückschlag erleiden könnten. Wirtschaftsminister Shoichi Nakagawa sagte nach einer Meldung der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo: "Menschen in aller Welt fragen sich, ob es richtig ist, wirtschaftlich in China aktiv zu sein."

Neben den Demonstrationen stand eine ganze Reihe weiterer Probleme auf der Agenda der Außenministergespräche. China hat erst vor Tagen scharf gegen Tokios Entscheidung protestiert, japanischen Firmen erste Bohrungen nach Erdgas und Öl in einem von beiden Ländern beanspruchten Seegebiet im Ostchinesischen Meer zu genehmigen.

Das Erdgasfeld liegt auf halber Strecke zwischen beiden Ländern unterhalb des Meeresbodens. Japan sieht die so genannte "Mittellinie" als Grenze seiner Wirtschaftszone, doch China erkennt sie nicht an. Peking hatte zuerst Forschungsschiffe in das Gebiet entsandt. Die Japaner versuchen nun nachzuziehen, um sich vor Verhandlungen über eine gemeinsame Ausbeutung eine gute Position zu schaffen.

Am Samstag und Sonntag war es in Schanghai und anderen chinesischen Städten erneut zu schweren Ausschreitungen gekommen. Japanische Geschäftsleute in Schanghai begannen, ihre Frauen und Kinder in Sicherheit zu bringen. "Ich habe meine Familie vorsorglich heimgeschickt", sagte Naoki Yamada, Generalmanager von Sumitomo Metal Industries in Schanghai, der Süddeutschen Zeitung. Bei den bislang größten anti-japanischen Demonstrationen waren etwa 20000 Chinesen durch Schanghai gezogen.

Der Parolen wie "Nieder mit Japan!" grölende Mob griff Japaner tätlich an. Zwei Männer hätten sich nur knapp in ein Polizeiauto retten können und seien von Glassplittern verletzt worden, als die Menge auf den Wagen eingedroschen habe, sagte eine Augenzeugin. Viele der etwa 30000 Japaner in Schanghai trauten sich am Samstag nicht mehr aus dem Haus.

Auf ihrem Weg durch die Stadt hatten die Demonstranten mindestens zehn japanische Restaurants demoliert, bevor sie unter den Augen der Polizei das japanische Konsulat mit Steinen und Flaschen bewarfen.

© Süddeutsche Zeitung vom 18.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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