Schweiz:Das Glück ist über alle Berge

Lesezeit: 10 min

Schwächelnde Finanzinstitute, raffgierige Manager - und das Bankgeheimnis: In einer kriselnden Welt werden selbst die Schweizer Selbstgewissheiten löchrig. Alte Mythen, neue Wahrheiten.

Stefan Klein

Gegen erboste Aktionäre hilft nur ein Mittel, und der nette, weißhaarige Herr am Rednerpult scheint es gut zu kennen. Er hat seine Ansprache überaus weitschweifig angelegt, zwischen Rückblick und Ausblick mäandert sie in einem gemächlichen Schweizerdeutsch dahin, streift Wandelanleihen und Credit Solutions, hält ausgiebig inne bei den Kernkompetenzen, und nicht lange, da bemächtigt sich eine gewisse Müdigkeit der Damen und Herren Aktionäre.

Bergstation Sehnsucht: In der Schweiz machen sich Selbstzweifel breit. (Foto: Montage: sueddeutsche.de)

Der Mittagshunger kommt dazu, und so scheint denn die 145. Aktionärsversammlung des Schweizer Rückversicherers "Swiss Re" trotz allem, was geschehen ist, einen eher unspektakulären Verlauf zu nehmen. Doch da sagt vorne am Rednerpult der nette, weißhaarige Herr, es ist Verwaltungsratschef Peter Forstmoser, einen Satz, der die Aktionäre noch einmal aufhorchen lässt. Jedenfalls beginnt er sehr verheißungsvoll. "Die Mitglieder des Verwaltungsrats", sagt Forstmoser, "bedauern zutiefst..."

Es gäbe viele Möglichkeiten, wie dieser Satz fortgesetzt werden könnte. Die Swiss Re hat sich im vergangenen Jahr wie eine Investmentbank aufgeführt und dabei elf Milliarden Franken Eigenkapital vernichtet. Wie groß der Vertrauensverlust in die Firma ist, zeigt die beispiellose Talfahrt der Aktie. So gesehen könnte Forstmoser zum Beispiel sagen: Die Mitglieder des Verwaltungsrats bedauern zutiefst, dass sie im vergangenen Jahr gewaltigen Mist gebaut haben. Oder wie bedauerlich es sei, dass der Verwaltungsrat seiner Aufsichtspflicht nicht genügt hat.

Doch all dies sagt Forstmoser nicht. Er sagt vielmehr: "Die Mitglieder des Verwaltungsrats bedauern zutiefst, dass Sie, meine Damen und Herren Aktionäre, durch diese unselige Entwicklung schwere Verluste erlitten haben." Ja, ja, die dumme Entwicklung, die einfach nicht selig sein will, Thomas Minder kennt diese Sätze. Er weiß, dass auf solchen Veranstaltungen mit Selbstkritik nicht zu rechnen ist.

Breitseiten gegen gierige Manager

Minder sitzt unter den Aktionären der Swiss Re in der zweiten Reihe links. Er gehört dazu und auch wieder nicht, denn er besitzt nur eine einzige Aktie, und die hat er auch nur deswegen, weil sie ihm das Recht verschafft, auf der Aktionärsversammlung des Unternehmens zu reden. Der Initiator der "Eidgenössischen Volksinitiative gegen die Abzockerei" hat das schon bei anderen Unternehmen so gemacht, eine Aktie, dann ans Rednerpult und los mit den Breitseiten gegen gierige Manager.

Zuletzt hat Minder im Februar beim Pharmakonzern Novartis gesprochen, dessen Geschäftsführer sich angeblich mehr als 40 Millionen Franken nimmt im Jahr. Bei der Fast-Kollaps-Bank UBS, ebenfalls berüchtigt für ihre maßlosen Chefgehälter, ist er letztes Jahr sogar viermal aufgetreten. Jetzt, nachdem Forstmoser endlich zum Ende gefunden hat, ist Minder der Zweite auf der Rednerliste, und schon kommt Leben in die Versammlung.

Es gibt Beifall, es gibt Lacher, nur da, wo die Firmenbosse sitzen, scheinen ein paar Gesichter etwas blass zu werden, zum Beispiel das von einem gewissen David Blumer, über den Minder gerade sagt: "14,4 Millionen Lohn, davon sieben Millionen als Antrittsgeld - ein neuer Abzocker ist geboren." Aber auch die anderen bekommen ihr Fett weg. Dass in einem Katastrophenjahr, in dem die Firma fast 900 Millionen Franken Verlust machte, die Mitglieder der Geschäftsleitung im Schnitt sechs Millionen Franken verdienten, nennt Minder einen wirtschaftskriminellen Akt. Und der nette Herr Forstmoser?

Unerhörterweise habe auch der kräftig eingesackt, nämlich 3,3 Millionen, ruft Minder und nennt es eine bodenlose Frechheit. Außerdem sei er oberverantwortlich für die ganze Abzockerei im letzten Jahr: "Uns Aktionären wird die Dividende gestrichen, doch das Topmanagement bereichert sich für eine absolut desolate Leistung."

Bergstation Sehnsucht

Ist das die Schweiz? Sind das Szenen aus einem Land, von dem wir immer gedacht hatten, es sei eines der letzten Reservate von Glück und Zufriedenheit? Ein Land voller herziger Zwerge, wie der Schriftsteller Urs Widmer selbstironisch sagt, voller Zauberberge und sehr diskreter Bankiers. Eine Oase, in der ein Geheimnis noch ein Geheimnis ist und keine überflüssigen Fragen gestellt werden.

Ein Arkadien, eine Bergstation Sehnsucht, und wenn es hieß, beim Fenstersturz eines Genfer Bankiers solle man gleich hinterherspringen, weil selbst dabei vielleicht noch Geld zu verdienen sei, dann war das Ausdruck der Bewunderung für Schweizer Tüchtigkeit. Oder klang da schon das Motiv der Raffgier an? Ist der Feldzug des Thomas Minder am Ende gar nicht so überraschend, wie es zunächst erscheint? Vielleicht ist das Glück der Schweiz ja eine endliche Ressource, einiges deutet darauf hin, zum Beispiel auch die vielen Beleidigungen, die derzeit mit einem Grobian jenseits des Rheins ausgetauscht werden müssen.

Peitsche, Kavallerie, Indianer, Nazi, Gestapo, es ist ein munteres Wortgefecht, das der Kampf um das Schweizer Bankgeheimnis ausgelöst hat, und wie immer ist es der Kleinere, der sich am gekränktesten fühlt. Urs Widmer freilich hat sich genug Abstand von dem ganzen Gedröhne bewahrt, um mit einigem Vergnügen am Beispiel des Grobians Peer Steinbrück, unseres "Lieblingsdeutschen", wie er sagt, ein bisschen was zu erklären von den kulturellen Unterschieden zwischen den beiden Nachbarn.

Klartext reden

Gehe ein Schweizer in die Bäckerei, um ein Brot zu kaufen, sagt Widmer, dann klinge das so: "Entschuldigung, könnte ich bitte ein Brot haben?" Bei einem Peer Steinbrück dagegen klinge es kurz und zackig: "Ich krieg' ein Brot." Dazwischen sind Welten und einige Missverständnisse, doch Widmer findet, dass die "Steinbrückart" der Schweiz ganz gut tue, auch wenn sie vollkommen ungewohnt sei: "Sie zeigt uns nämlich, dass man auch Klartext reden kann."

Vielleicht muss man sogar Klartext reden in diesen Zeiten, da sich die Schweiz von den anderen Bewohnern des globalen Dorfes immer weniger unterscheidet und jedenfalls keine Insel der Glückseligen mehr ist. Selbst die Kriege halten sich nicht mehr an das alte Gesetz, dass sie um das kleine Alpenland einen großen Bogen zu machen haben. Die jahrelangen Kämpfe auf dem Balkan haben der Schweiz eine Flüchtlingswelle beschert und in ihrem Sog viel Fremdenhass und den Aufstieg einer rechtsnationalen Partei.

Und die Symbole, die liebevoll gepflegten Mythen sind auch nicht mehr, was sie mal waren. Gewiss, Eiger, Mönch und Jungfrau stehen noch, sie gleißen in der Frühlingssonne so wunderschön, als gäb's kein Arg in der Welt und keine Steinbrücks. Doch die Swissair, die auf der nach oben offenen Skala nationalen Stolzes ziemlich bald danach kam, ist abgestürzt und existiert nicht mehr. Finanzielles Missmanagement, Versagen wie anderswo auch.

Es kam noch mehr

Oder die Armee. Gerade weil die Schweiz ein neutrales und friedliebendes Land ist, hat man sie gehätschelt all die Jahre, hat sie 1989, fünfzig nach Kriegsausbruch, ins Zentrum einer großen, feierlichen Inszenierung gestellt. Doch dann kam eine Volksabstimmung, und mehr als ein Drittel der Abstimmenden sprachen sich für ihre Abschaffung aus. Da war er hin, der Mythos, die Armee entzaubert und geschrumpft auf Normalgröße, so wie anderswo auch. Aber es kam noch mehr.

Die Großbank UBS hatte man gleichsam für eine finanzielle Weltmacht gehalten, unangreifbar, doch dann musste sie, erst ein paar Monate ist das her, vom Staat mit vielen Milliarden Franken vor dem Untergang gerettet werden. Solche Ereignisse müssen die Schweizer heutzutage schlucken, und jetzt geht man ihnen auch noch ans Bankgeheimnis. Das ist ebenfalls ein Mythos, vielleicht sogar der größte von allen, und schon ist man wieder bei den kulturellen Unterschieden.

In Deutschland hat das Wort Steuerhinterziehung einen zumwinkelhaft üblen Klang, in der Schweiz dagegen ist der Bschiesser, der Bescheißer, ein angesehener Schlauer, der es dem Staat zeigt, und wenn der Staat so überbordend, obrigkeitsstaatlich und bürokratisiert ist wie der deutsche, dann, nicht wahr, muss er sich nicht wundern, wenn sich das Geld der dermaßen Schikanierten gleichsam Asyl sucht bei den liebenswürdigen Schweizer Bankiers.

Für Steinbrück stellt sich die Sache ein bisschen anders dar, er ist hinter deutschem Steuerfluchtgeld her, von dem man aber noch nicht weiß, in welcher Größenordnung es sich in der Schweiz verbirgt. Einige hundert Milliarden könnten es sein, doch ob die deutschen Steuerbehörden diesen Schatz je heben werden, muss man eher bezweifeln.

Zwar hat die Regierung, die in der Schweiz Bundesrat heißt, vor gut einer Woche unter großem internationalen Druck eine als historisch empfundene Konzession gemacht: Weil die Schweiz auf eine schwarze Liste nicht kooperativer Steueroasen zu geraten drohte und weil plötzlich das scheußliche Wort "Schurkenstaat" im Raum stand, hat man zugesichert, künftig in begründeten Verdachtsfällen bei Steuerhinterziehung Amtshilfe zu leisten.

Spiel auf Zeit

Aber bis es entsprechende Abkommen gibt, werden wohl Jahre vergehen, vor allem jedoch werden die Schweizer darauf bestehen, dass für die existierenden Vermögen, also genau die, auf die Steinbrück es abgesehen hat, Übergangsregelungen gefunden werden, wenn nicht gar Amnestien.

Nach einem Spiel auf Zeit sehe das aus, sagt ein Insider, und die Rechnung könne durchaus aufgehen: Im Herbst bei der Bundestagswahl werde möglicherweise Peer Steinbrück sein Amt verlieren, Gordon Brown, ein anderer Druckmacher, sei seinen Job als britischer Premier vielleicht ebenfalls bald los, und danach werde dann das Schweizer Bankgeheimnis kein Thema mehr sein.

Das freilich wäre mehr Schläue, als die Schweizer ihrer Regierung zutrauen, und Roger Köppel traut sie ihr schon gar nicht zu. Der Besitzer und Chefredakteur der Weltwoche hat ein knabenhaftes Gesicht, aber eine scharfe Zunge, und die wird immer schärfer, je länger ihr Besitzer seiner Empörung über die Ereignisse der letzten Tage freien Lauf lässt.

Eingeknickt sei der Bundesrat beim Bankgeheimnis, so wie er immer einknicke, sagt Köppel, ja, er sei, was die Sache noch schlimmer mache, sogar vorauseilend eingeknickt. Erst habe er auf standhaft gemacht und sich dann "butterweich" den ausländischen Drohungen und Erpressungen ergeben und so der Souveränität der Schweiz einen schweren Schlag versetzt.

So einfach einen Standortvorteil aufzugeben und sich internationalen Normen zu unterwerfen sei hirnrissig, leichtfertig und kriecherisch. So redet er, der Publizist, und knickt nicht ein in seiner Suada.

Starker Tobak

Es ist die Sprache der rechtsnationalen SVP, die Köppel spricht. Sie ist aggressiv und voller Feindbilder. Da ist, Stichwort Steinbrück, von "übelster Staatsarroganz" die Rede, und auch an Verschwörungstheorien fehlt es nicht. In Wahrheit, meint Köppel, werde die Schweiz doch nur deswegen "ins Visier" genommen, weil im globalen Wettbewerb ein "lästiger Konkurrent" geschwächt werden solle. Was letztlich drohe, wenn der Druck aus Deutschland anhalten und die Schweiz am Ende sogar zum automatischen Informationsaustausch mit anderen Ländern gezwungen werden sollte, lässt ihn gar zu den dramatischsten Vokabeln greifen: "der Tod", "der Untergang", "der Supergau des Schweizer Finanzplatzes."

Das ist starker Tobak, und so gesehen tut der Klartext des deutschen Finanzministers der Schweiz vielleicht doch nicht so gut, weil er nämlich, wie der Historiker Jakob Tanner findet, den Rechtsnationalen lauter Steilvorlagen liefert und willkommene Anlässe, ihre nationalen Selbstbehauptungsrituale aufzuführen.

Einerseits. Andererseits würde man beim Reisen durch das schöne Land nicht auf die Idee kommen, es sei beladen mit Problemen, sei angeknackst in seinem Selbstverständnis oder gar in einer Krise. Die Restaurants und Geschäfte sind voll, die Wintersaison war hervorragend, und aus den Bruchstücken alter Symbole wachsen wieder neue: Die "Swiss" ist zwar eine Tochter der Lufthansa, aber dafür, sagen die Schweizer, sei sie inzwischen schöner als die Mutter.

Abschwung in vollem Gange

Und die Banken? Mit einem Geheimnis, das so geheim nicht mehr ist? Die könnten, sagt Tanner zufrieden, in Zukunft ihre Vorteile ausspielen, ohne dabei kriminelle Machenschaften zu unterstützen. Als Historiker mag man das so sehen, als Banker wird man sich mit dem Ausspielen vielleicht ein bisschen schwer tun, denn auch, wenn es nicht so aussieht - der wirtschaftliche Abschwung der Schweiz ist in vollem Gange. Das globale Dorf kennt keine Sonderrollen mehr.

Die Exporte sind eingebrochen, fast täglich kommen Meldungen über Stellenabbau und Kurzarbeit, und die Zahl der Firmenpleiten ist so hoch wie nie zuvor. Die Großen halten sich, aber auch die haben mit Schwierigkeiten zu kämpfen wie zum Beispiel der Technologiekonzern ABB. Für Millionengehälter seiner Spitzenleute, der ehemaligen und der aktuellen, aber reicht es offenbar noch.

Dem gefeuerten Chef Fred Kindle wurde der Abschied mit 8,7 Millionen Franken vergoldet, und sein Nachfolger Joe Hogan bekam allein dafür, dass er den Vertrag überhaupt unterschrieb, einen sogenannten "Sign-on-Bonus" von 13 Millionen Franken. Der Tages-Anzeiger hat diese Summen kürzlich gemeldet, und natürlich hat Thomas Minder sie auch gelesen und sich wieder mal in seiner Kampagne bestätigt gefühlt.

"Eine Riesenwut"

Eine Vorauskasse in Millionenhöhe wie Hogan hatte in der Schweiz auch mal ein anderer kassiert. Das war der Swiss-Air-Chef Mario Corti. Er kassierte und bekam einen Fünfjahresvertrag, als die Schieflage der Fluglinie schon offensichtlich war. Ein Schweizer Unternehmer, ein Hersteller von Toilettenartikeln und Kosmetik, fand das empörend damals - und zwar auch deshalb, weil ihm durch die Zustände bei Swiss Air ein guter Auftrag durch die Lappen zu gehen drohte. Der Name des Unternehmers: Thomas Minder.

Fortan waren die Abzocker sein Thema, er wandte sich mit einem offenen Brief an die Zeitungen, er schaltete Anzeigen, er investierte Geld, er redete auf Aktionärsversammlungen und sammelte Unterschriften. Er sagt, es sei "eine Riesenwut" im Land und nur noch eine Frage der Zeit, bis auf einer Aktionärsversammlung mal einer durchdrehe - und dann werde es schlimmer ausgehen als bei dem Schuhwurf auf den ehemaligen US-Präsidenten Bush in Bagdad.

Minder ist ein Getriebener. Man merkt es an der unschweizerischen Hast, mit der er redet, und an seinem Zorn. Er sagt: "Die Schweiz war immer die Kirche im Dorf, heute steht sie außerhalb." Seine Initiative hat inzwischen so viele Unterschriften gesammelt, dass demnächst das Volk über seinen Vorschlag abstimmen wird. Der sieht vor, dass bei börsennotierten Unternehmen nicht mehr die Verwaltungsräte die Gehälter und Boni festsetzen, sondern die Besitzer, also die Aktionäre. So hofft Minder, dem Abzockertum Schranken zu setzen. Noch freilich ist es nicht so weit, und deshalb lässt Minder auch nicht nach mit seiner ätzenden Kritik: Manager in ihrer grenzenlosen Gier machten ganze Volkswirtschaften kaputt und gehörten hinter Gitter, das Wort Banker sei so anrüchig, dass es kaum noch einer in den Mund zu nehmen wage.

Sexy Raiffeisenbanken

Keine Regel jedoch ohne Ausnahme, und vielleicht ist Pierin Vincenz ja so eine. Es ist unsere letzte Verabredung, und nachdem wir bei unserer Suche nach der glücklichen Schweiz nicht wirklich vorangekommen sind, könnte vielleicht dieser Termin das Bild noch ein wenig aufhellen. "Sind Sie ein glücklicher Banker, Herr Vincenz?" Der große, grauhaarige Herr aus Graubünden lächelt. "Ein zufriedener Banker, ja."

Raiffeisenbanken haben kein besonders aufregendes Image, und diese hier, die von Pirin Vincenz geleitete Raiffeisen Gruppe, ist keine Ausnahme. Doch vielleicht ist ja gerade das ihr großes Plus in diesen Zeiten. Grundsolide bis zur Langweiligkeit, stetiges Wachstum seit Jahren, keine Verluste, keine Affären - man könnte gähnen, man könnte es aber auch überaus sexy nennen angesichts all der Bankenpleiten in der Welt.

Shareholder value, zweistellige Renditen, man kennt den ganzen Wahn, doch den Herrn Vincenz scheint er irgendwie nicht angesteckt zu haben. Er sagt, er betreibe eine "ganz vorsichtige Kreditpolitik", und sein Erfolgsrezept bestehe darin, nur in dem Markt tätig zu sein, den man wirklich kenne. Er redet von Werten, vom gesunden Menschenverstand und sagt, dass Rendite nicht alles sei: "Wenn ich nur auf die Rendite schauen würde, müsste ich morgen 300 Filialen schließen."

Auch die Spitzengehälter halten sich in einem akzeptabel klingenden Rahmen. Pierin Vincenz beantwortet alle Fragen ruhig, bedächtig und ohne Allüren, und wie er so redet, denkt man plötzlich, dass die Kirche ihren Platz im Dorf vielleicht doch wieder zurückerobern könnte.

© SZ vom 23.03.2009/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: