Schröders Regierungserklärung:Keine Angst vor Reformen

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Bürger, fürchte dich nicht: Mit dem Versprechen, den Reformkurs künftig sanfter zu gestalten, will Gerhard Schröder Regierung und SPD aus dem Stimmungstief holen. Der Kanzler kündigte eine Bildungs- und Familieninitiative an, die er mit der Streichung der Eigenheimpauschale und Goldverkäufen finanzieren will.

Von Susanne Höll

Ein Jahr nach Bekanntgabe seiner innerparteilich umstrittenen Agenda 2010 zog Schröder im Bundestag eine positive Bilanz der Reformanstrengungen. In einer Grundsatzrede lieferte er anders als vor einem Jahr eine Erklärung für die zumeist unpopulären Maßnahmen. Er verteidigte den Kurs der rot-grünen Bundesregierung und erteilte Forderungen nach einem Stopp des Umbaus eine Absage.

"Wir sind noch längst nicht am Ende unseres Weges", sagte er in seiner ersten Regierungserklärung nach seinem Rückzug vom SPD-Vorsitz. Sein Nachfolger Franz Müntefering sagte ihm die Unterstützung der SPD-Fraktion zu.Der Kanzler betonte, dass die komplizierten und schmerzhaften Veränderungen bei Rente, Gesundheit und im Arbeitsrecht erste Früchte zeigten. Die Arbeitslosigkeit wachse nicht mehr, die Wirtschaft komme in Schwung. Ausdrücklich widersprach er Kritikern in der SPD, die seine Reformen als sozial ungerecht geißeln. Deutschlands Weg zu neuer Stärke führe "über die Verteidigung, nicht über die Abschaffung der sozialen Gesellschaft".

Auf die Union angewiesen

Zum weiteren Umbau des Arbeits-, Steuer-, Renten- und Gesundheitssystems äußerte Schröder sich nicht konkret. Er kündigte an, dass sich Rot-Grün auf Bildung, Forschung und Kinderbetreuung konzentrieren wolle. Überraschend schlug er vor, zur Finanzierung auch die bisherigen Ausgaben für die Eigenheimpauschale in Höhe von acht Milliarden Euro in den nächsten sechs Jahren zu verwenden.

Der Bund könnte die ersparten Mittel in die Forschung stecken, die Länder könnten mehr in Schulen investieren, die Kommunen in bessere Kinderbetreuung. Der Kanzler befürwortete auch Goldverkäufe aus den Bundesbank-Reserven, um Forschung und Entwicklung zu fördern.

"Wir werden dafür sorgen, dass der Ausdruck Reform wieder einen guten Klang bekommt." Für eine Streichung der Eigenheimpauschale ist die Bundesregierung auf die Zustimmung der Union im Bundesrat angewiesen. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer kündigte sofort Widerstand an. Im Bundestag sagte er, die Union werde die Streichung nur bei weiteren Steuersenkungen akzeptieren.

CDU und CSU behalten sich eine Kürzung der Förderung im Rahmen einer umfassenden Steuerreform vor, die sie nach einem Regierungswechsel in Angriff nehmen wollen. Auch FDP-Chef Guido Westerwelle reagierte ablehnend. Merkel ging auf diesen Vorschlag des Kanzlers nicht ein, forderte die Regierung aber erneut zu einer Steuerreform entsprechend den Unionsvorschlägen auf. Sie warf Schröder vor, die Wirklichkeit in Deutschland und den wahren Reformbedarf zu verkennen. Ausdrücklich betonte sie den Willen der Opposition zur Kooperation zum Nutzen des Landes.

Merkel warb für eine "Kopfpauschale" in der Krankenversicherung, die SPD und Grüne, aber auch die CSU ablehnen. Die Zukunft der Sozialsysteme dürfte einer der großen Streitpunkte im Wahljahr 2006 werden. Nach Bundesinnenminister Otto Schily zeigte sich auch der Bundeskanzler bereit, auf Forderungen der Union nach einer strengeren Behandlung mutmaßlicher ausländischer Terror-Sympathisanten in Deutschland einzugehen: "Terroristische Verschwörer und Personen, von denen eine Gefahr für unsere Sicherheit ausgeht, haben in Deutschland nichts zu suchen."

© SZ vom 26.3.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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