Schröder in Tschechien:Streit über Sudetendeutsche beigelegt

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Bundeskanzler Gerhard Schröder hat Tschechen und Deutsche dazu aufgerufen, die Vergangenheit ruhen zu lassen und sich der Zukunft zuzuwenden.

Von Heiko Krebs

(SZ vom 6.9. 2003) - Was zwischen beiden Ländern zu Missverständnissen und Differenzen geführt habe, sollte endlich der Vergangenheit angehören, sagte Schröder nach einem Gespräch mit dem tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Klaus in Prag.

Tschechien und Deutschland hätten allen Anlass, nach vorn zu blicken. Ministerpräsident Vladimir Spidla erklärte nach einem Gespräch mit Schröder, die deutsch-tschechischen Beziehungen seien so gut wie noch nie in der langen gemeinsamen Geschichte.

Nachdrücklich würdigte Schröder die Erklärungen von Klaus und Spidla, wonach der Zweite Weltkrieg und die Nachkriegsereignisse, einschließlich der Vertreibung der Sudetendeutschen, aus heutiger Sicht unannehmbar seien.

Diese Äußerungen seien zusammen mit der deutsch-tschechischen Erklärung von 1997 "eine gute Basis, um wirklich an die Zukunft zu denken und dafür zu arbeiten, dass Europa ein Ort für gemeinsame politische und wirtschaftliche Aktivitäten wird", betonte der Kanzler.

Vor anderthalb Jahren hatte Schröder nach abfälligen Äußerungen des damaligen tschechischen Ministerpräsidenten Milos Zeman über die Sudetendeutschen einen geplanten Prag-Besuch abgesagt. Dessen Nachfolger Spidla habe zur "Ausräumung der Irritationen" sehr viel beigetragen, hob Schröder hervor.

Medaille für Schröder

Mit einer Gedenkmedaille würdigten tschechische Opferverbände die Verdienste des Bundeskanzlers um die Entschädigung der ehemaligen Zwangsarbeiter.

Schröder und die rot-grüne Bundesregierung hätten damit entscheidend zur Versöhnung zwischen Deutschen und Tschechen beigetragen, erklärte Oldrich Stransky, Vorsitzender des Rates der tschechischen Opfer.

Schröder zeigte sich gerührt von der Ehrung und erklärte, die Vergangenheit dürfe nicht verdrängt werden.

Vielmehr müsse man sich ihrer erinnern, um aus ihr zu lernen. Allerdings dürfe die Vergangenheit die Zukunft nicht dominieren und ihr im Wege stehen.

Die Zukunft liege in einem einigen Europa, für das auch eine europäische Verfassung wichtig sei.

Differenzen zwischen Schröder und seinen tschechischen Gesprächspartnern gab es in Fragen zur künftigen Verfassung der Europäischen Union.

Während der Bundeskanzler davor warnte, das vom europäischen Konvent vorgelegte Paket noch einmal "aufzuschnüren", sagte Spidla, dass Tschechien durchaus Bedarf sehe, über Fragen wie die künftige Gestalt der Europäischen Kommission und über den geplanten Beitritt Rumäniens und Bulgariens zu diskutieren.

Tschechien verlangt, dass jedes EU-Mitgliedsland einen Vertreter in der Kommission haben müsse. Präsident Klaus erklärte, dass man sich noch einmal grundlegend mit dem Wesen einer europäischen Verfassung auseinander setzen sollte.

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