Schröder gibt Vorsitz ab:SPD reformiert ihre Parteispitze

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Gerhard Schröder will sich ganz auf seine Aufgaben als Bundeskanzler konzentrieren. Fraktionschef Müntefering soll als neuer Parteichef die SPD wieder auf (Sozial-)Reform-Kurs bringen. Von Bord geht auch Generalsekretär Scholz.

Der Bundeskanzler hat mit einem Überraschungscoup auf die seit Monaten anhaltende Kritik reagiert, die zunehmend auch aus den eigenen Reihen kam. Sein Amt, so der Noch-Vorsitzende, gebe er nur ungern auf. Der Schritt liege aber im Interesse des Reformprozesses in Deutschland, erklärte auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz. Er wolle sich mehr auf seine Arbeit als Bundeskanzler konzentrieren und mit Müntefering zu einer Arbeitsteilung kommen.

Er sei fest davon überzeugt, dass diese Arbeitsteilung den Prozess der notwendigen Reformen weiter nach vorne bringen werde. "Wir werden das gemeinsam machen."

Entsprechende Pläne habe er bereits seit längerem mit Münteferung erörtert.

Er gehe davon aus, dass der Parteivorstand seinen Vorschlag akzeptiere.

Müntefering: Der Parteivorsitz war nicht in meinem Kopf

Auch Generalsekretär Olaf Scholz, der parteiintern am stärksten kritisiert wurde, wird sein Amt niederlegen. Schröder sagte, Scholz habe nach einem Gespräch mit ihm selbst entschieden, seine Arbeit nicht fortzusetzen.

Schröder nannte die Entscheidung "sehr konsequent". Er sei sicher, dass sie als Zeichen von Charakterstärke gewürdigt werde.

Müntefering sagte, er wolle dazu beitragen, dass der Reformprozess in der Partei und in der Öffentlichkeit besser vermittelt werde. Fast alle hätten inzwischen begriffen, dass sich etwas ändern müsse und alle müssten sich daran beteiligen. Dabei sollten die Sozialdemokraten zeigen, dass sie sich nicht nur in die Vergangenheit zurückwendeten. Den Parteivorsitz "hatte ich auch vor kurzem nicht in meinem Kopf", sagte Müntefering.

Die hessische SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti hatte Schröder zuvor in der Rheinischen Post den Rücktritt vom SPD-Vorsitz nahe gelegt. Die Lage der SPD sei "sehr schlimm" und die Arbeitsbelastung des Kanzlers enorm. Schröder müsse endlich sozialdemokratische Politik machen. Auch andere SPD-Spitzenpolitiker hatten zuletzt Politik und Personalauswahl Schröders offen kritisiert.

Allzweckwaffe Müntefering

Der 64-jährige Müntefering gilt als "Urgestein" der Sozialdemokraten und ist tief im größten Landesverband der SPD Nordrhein-Westfalen verankert. Von 1992 bis 1995 war Müntefering Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Düsseldorf.

Von 1999 bis zum Oktober 2002 war der Sauerländer Generalsekretär der SPD und wurde danach von Olaf Scholz abgelöst. Im Kabinett Schröder fungierte Müntefering vom Oktober 1998 bis zum September 1999 als Verkehrs- und Bauminister. Seit September 2002 führt er die Bundestagsfraktion.

Schröder war am 12. April 1999 auf dem Parteitag in Bonn als Nachfolger von Oskar Lafontaine zum Parteivorsitzenden gewählt worden. Zuletzt wurde er auf dem Bundesparteitag im November 2003 bestätigt.

Eine Arbeitsteilung zwischen Bundeskanzler und Parteichef hat es in der SPD schon gegeben. Der letzte SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt regierte von 1974-1982, zu dieser Zeit war Willy Brandt oberster Genosse.

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