Schleswig-Holstein:Was lange währt, wird hoffentlich gut

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Die CDU feiert, die SPD ist zumindest zufrieden und Heide Simonis muss immer noch weinen. Schleswig-Holstein hat jetzt endlich auch offiziell eine neue Regierung: Eine große Koalition.

Nach wochenlangen Turbulenzen ist der Weg für die Bildung einer großen Koalition in Schleswig-Holstein frei: CDU und SPD stimmten am Samstag auf getrennten Landesparteitagen mit jeweils überwältigender Mehrheit für den Koalitionsvertrag, der in der vergangenen Woche ausgehandelt worden war.

Damit kann CDU-Spitzenkandidat Peter Harry Carstensen am Mittwoch im Kieler Landtag zum neuen Ministerpräsidenten gewählt werden. Die bisherige Regierungschefin Heide Simonis verabschiedete sich vor den SPD-Delegierten sichtlich bewegt aus der Politik.

Die Sozialdemokraten votierten in Kiel mit knapp 84 Prozent oder 104 von 124 Stimmen für das Bündnis mit den Christdemokraten. 12 Delegierte stimmten mit Nein, 8 enthielten sich. Bei der CDU war die Zustimmung in Neumünster mit 97 Prozent noch größer:

"Wir müssen jetzt Großes leisten"

290 von 299 Delegierten stimmten der Koalitionsvereinbarung zu, acht lehnten sie ab, einer enthielt sich. Carstensen sagte, das Ergebnis verpflichte die Partei: "Wir müssen jetzt Großes leisten in der Koalition."

Ziel seiner Regierung sei es, die Nettoneuverschuldung in den nächsten fünf Jahren zu halbieren und der Wirtschaft mehr Handlungsraum für Wachstum zu geben. Der Parteitag unterbrach die Rede des designierten Ministerpräsidenten mehrfach mit langem Applaus. Die zunächst erwartete Kritik von Seiten der Frauen-Union viel moderat aus.

Deren Wortführerin Karin Wiedemann, die die geringe Zahl von Frauen in Führungspositionen der künftigen Landesregierung moniert hatte, war am Freitagabend zur Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium berufen worden.

Simonis sagte den Delegierten des SPD-Parteitags: "Die SPD Schleswig-Holstein ist meine politische Heimat, und ihr seid meine politische Familie. Darauf bin ich stolz, und das wird so bleiben." Ihre gescheiterte Wahl am 17. März sei für sie und die SPD eine harte und einschneidende Zäsur gewesen. Simonis appellierte an die Parteibasis, trotz des Schocks solidarisch und konstruktiv-kritisch, selbstbewusst und fair weiter zu arbeiten.

Minutenlanger Beifall und feuchte Augen

Die SPD habe in den letzten 17 Jahren sehr viel erreicht. Darauf könne die Partei stolz sein. "Unter sozialdemokratischer Regierungsverantwortung ist unser Bundesland umfassend modernisiert worden", sagte Simonis. Sie wünsche der Partei die Kraft, Stärke und den Zusammenhalt, diesen Weg fortzusetzen. Die Delegierten quittierten die Abschiedsrede mit minutenlangem Beifall.

Der Europa-Abgeordnete und langjährige SPD-Landeschef Willi Piecyk würdigte Simonis als bürgernahe und fortschrittliche Regierungschefin. Sie habe nicht nur das Land vorangebracht, sondern sie habe zugleich die Herzen und Köpfe der Menschen gewonnen. Der Vorgang ihre Abwahl sei einmalig in der Nachkriegsgeschichte.

Es sei ein "mieser, hinterhältiger Angriff" auf die Integrität und Würde der Person und ein herber Schlag für die gesamte Sozialdemokratie Schleswig-Holsteins gewesen. Der Landesvorsitzende Claus Möller, der mit 88 Pozent der Stimmen für eine weitere Amtszeit gewählt wurde, versprach, den Blick nach vorn zu richten. "Wir sehen uns in der Verantwortung der Wähler", sagte er.

Die Partei werde den roten Faden der Gerechtigkeit in der Hand behalten. Er dankte Simonis, sie habe sich für das Land und die SPD verdient gemacht. Auch Simonis' designierter Nachfolger Carstensen dankte ihr für ihre langjährige Arbeit. Ihre politische Lebensleistung und das, was sie für das Land getan habe, bleibe unumstritten.

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