Schleswig-Holstein:Machtpoker um Regierungsbildung

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Die SPD-Spitze um Ministerpräsidentin Heide Simonis will heute über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entschieden. Offenbar bemüht sich die CDU darum, doch noch eine große Koalition herbeizuführen.

Nach einem Bericht der Bild-Zeitung ist die CDU zur Einführung einer Einheitsschule parallel zum dreigliedrigen Schulsystem bereit. Die Einheitsschule wird ausdrücklich von der SPD gewünscht. Mit diesem Vorstoß wolle die CDU die SPD doch noch zu einer großen Koalition bewegen, schreibt das Blatt.

Am Wochenende hatten sich auch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und die CDU-Vorsitzende Angela Merkel massiv in den Machtpoker im nördlichsten Bundesland eingeschaltet. Schröder warf der Union schlechten Stil wegen ihrer Angriffe auf den SSW - die von der Fünf- Prozent-Klausel befreite Vertretung der Dänen und Friesen in Schleswig-Holstein - vor.

"Keine politischen Eunuchen"

Merkel hingegen stellte das Recht der Minderheitenpartei in Frage, die Politik des ganzen Landes mitzubestimmen. Sie sprach sich für eine große Koalition aus. SSW- Spitzenkandidatin Anke Spoorendonk verwahrte sich gegen die Forderung nach Neutralität: "Wir sind keine politischen Eunuchen."

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, kritisierte: "Die Angriffe der Union auf die dänische Minderheit in Deutschland und den SSW sind unanständig." Die Bildungspolitik sei eine der wichtigsten Länderkompetenzen. Gerade bei diesem Thema scheine es aber eine große inhaltliche Schnittmenge zwischen Rot-Grün und dem SSW zu geben.

Merkel meinte, die dänische Minderheit habe das Recht, sich eigene Schulen zu organisieren. "Und es ist dann schon etwas komisch", wenn durch den SSW "die Schulpolitik des gesamten Landes in eine ganz andere Richtung verkehrt" werde.

"Den SSW nicht diffamieren"

Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering nahm in den in Münster erscheinenden "Westfälischen Nachrichten" (Montag) den SSW ausdrücklich in Schutz. "Die CDU sollte die Mehrheitsverhältnisse endlich akzeptieren und die Deutschen des SSW nicht diffamieren."

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagfraktion, Dieter Wiefelspütz, nannte den von der Union ausgeübten "Druck auf frei gewählte Parlamentarier (...) beispiellos und undemokratisch". Er forderte in der "Netzeitung", der CDU-Spitzenkandidat Peter Harry Carstensen und die sollten "keine schlechten Verlierer sein".

Der SSW ist von der Fünf-Prozent-Klausel ausgenommen und errang bei der Wahl vor einer Woche mit 3,6 Prozent der Stimmen zwei Sitze im Landtag. Ihm kommt nun bei der Regierungsbildung eine Schlüsselrolle zu, da die CDU bei der Wahl zwar mit 30 Sitzen stärkste Partei wurde, ihr zusammen mit der FDP (vier Sitze) aber ein Sitz zur Mehrheit im Landtag fehlt.

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