Schleppender Schuldenabbau:Start des Gesundheitsfonds droht Verzögerung

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Der Gesundheitsfonds wird aller Voraussicht nach erst im Juli 2008 statt wie bisher geplant Anfang 2008 starten können. Die Krankenkassen brauchen wohl mehr Zeit als vorgesehen, um ihre hohen Schulden abzubauen.

Der geplante Gesundheitsfonds wird laut einem Zeitungsbericht wahrscheinlich statt Anfang 2008 frühestens zum 1. Juli 2008 starten können.

Grund sei die immer noch hohe Verschuldung der Krankenkassen, berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf Regierungskreise.

Diese Schulden müssten die Kassen nach den Reformplänen bis Ende 2007 abbauen, ob dies gelinge, werde man aus statistischen Gründen aber frühestens im Juni 2008 verbindlich feststellen können.

Daher könne der Fonds nicht früher starten.

"Nach den schlechten Erfahrungen mit der Schuldenpolitik der Kassen bei der letzten Gesundheitsreform verlangen wir von den Kassen in den nächsten 14 Tagen verbindliche Angaben über das tatsächlich Ausmaß der Verschuldung", zitiert die Zeitung eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums.

Das Bundesversicherungsamt, das die Aufsicht über die bundesweiten Kassen führt, warnte vor Panikmache: "Wir haben die Hausaufgaben gemacht. Unsere Kassen werden bis Ende 2007 schuldenfrei sein", sagte ein Sprecher. Dem Bericht zufolge fürchtet das Gesundheitsministerium aber, dass die Schulden der Ortskrankenkassen weiter steigen, weil die Länderaufsichten viele Ortskrankenkassen bislang nicht gezwungen hätten, kostendeckende Beitragssätze zu erheben.

Kritik der deutschen Verbraucherzentralen

Die deutschen Verbraucherzentralen haben unterdessen umfassende Änderungen an der geplanten Gesundheitsreform gefordert. "Alles in allem ist die Reform missraten", sagte die Vorstandschefin des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, Edda Müller, der Berliner Zeitung. Sie hoffe, dass es im Rahmen der Gesetzgebung noch zu deutlichen Korrekturen komme. So sei unklar, wie der neue Gesundheitsfonds überhaupt funktionieren solle. Zudem sei die Chance verpasst worden, Beamte und Selbstständige mit einzubeziehen. Die Hauptlast trügen deshalb weiterhin die gesetzlich Versicherten, sagte Müller.

Künftige Kostensteigerungen würden über die "kleine Kopfpauschale" allein den Versicherten aufgebürdet, Ärzte, Apotheker und die Pharmaindustrie dagegen weniger herangezogen.

Einer der geistigen Väter des Gesundheitsfonds, der Dortmunder Finanzwissenschaftler Wolfram Richter, hat vor einem Scheitern der Reform gewarnt. Setzten sich die Gegner der Gesundheitsreform durch, drohe alle zwei bis drei Jahre Streit um neue Finanzierungsdefizite, sagte der Dortmunder Professor für Volkswirtschaftslehre, Wolfram Richter, in einem dpa-Gespräch. "Echter Preiswettbewerb um die besten gesundheitlichen Versorgungsstrukturen bleibt ausgeschaltet." Richter verteidigte die Pläne der großen Koalition.

"Der Kern des Fonds ist, dass die Krankenkassen das Recht erhalten, von der Durchschnittsprämie nach oben oder unten abzuweichen. Das ist der zentrale Punkt, von dem ich starke Wettbewerbsimpulse erwarte." Befürchtungen, die Kassen würden mit dem ihnen zugedachten Geld nicht auskommen und zur Vermeidung von Zusatzprämien möglichst viele Leistungen kürzen, wies Richter zurück. "Für die Versicherten ändert sich doch kaum etwas", sagte er. "Der Einzelne zahlt seinen lohnabhängigen Beitrag wie bisher. Das bedeutet, dass er das gleiche Leistungspaket beanspruchen kann wie bisher."

Lediglich die Kassen erhielten stärkere Anreize, in der medizinischen Versorgung Neues zu wagen. "Sie werden stärker als bisher den Wettbewerb über die Versicherungsprämie suchen und nicht über medizinisch nicht notwendige Zusatzleistungen."

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