Schlamperei bei Bundeswehr:Daten über Verhöre in US-Geheimgefängnissen verschwunden

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Neue Details im Bundeswehr-Skandal: Nach einem Zeitungsbericht sind Berichte über die Aktivitäten deutscher Geheimdienstler verschwunden. Offiziere des Militärischen Abschirmdienstes sollen 2001 bei illegalen Verhören in einem US-Geheimgefängnis in Bosnien beteiligt gewesen sein.

Zunächst hatten Reporter der ARD-Sendung "Report Mainz" enthüllt, dass geheime Daten der Bundeswehr aus den Jahren 1998 bis 2003 verloren gingen. Dazu gehören auch Unterlagen aus dem Jahr 2002, die der Verteidigungsausschuss des Bundestags in der Affäre um die angebliche Misshandlung des Deutsch-Türken Murat Kurnaz durch KSK-Soldaten angefordert habe.

Die Berliner Zeitung berichtet nun über neue Details: Danach sind auch Berichte über die Teilnahme deutscher Offiziere an Verhören in einem US-Geheimgefängnis verschwunden. Die Berichte habe das Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr aus einem Geheimgefängnis im bosnischen Tuzla erhalten.

Womöglich Verstoß gegen Vorschriften

In Tuzla seien vor und nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 Terrorverdächtige festgehalten und zum Teil misshandelt worden. An den dortigen Verhören seien zumindest im Jahr 2001 auch Offiziere des deutschen Militärischen Abschirmdienstes (MAD) widerrechtlich beteiligt gewesen, schreibt die Zeitung unter Berufung auf einen BND-Bericht.

Das Blatt zitiert einen Sicherheitsexperten, dem zufolge mit Hilfe der verschwundenen Daten aufgeklärt werden könnte, welche Offiziere illegalerweise an solchen Verhören teilgenommen hätten. "Dass die Informationen weg sind, dürfte einige Verantwortliche von damals erleichtern."

Ströbele bezweifelt Löschung von Bundeswehr-Daten durch Panne

Der Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele hat unterdessen angezweifelt, dass eine technische Panne für den Datenverlust verantwortlich ist. Noch im November 2006 habe er einen Brief von Verteidigungsstaatssekretär Peter Wichert bekommen, wonach der Verteidigungsausschuss des Bundestages über Einsätze der Eliteeinheit KSK im Ausland informiert werde, sagte Ströbele der in Hannover erscheinenden Neuen Presse.

"Darin steht keine Silbe davon, dass die Daten weg sind. Deshalb zweifle ich, ob das alles so richtig ist." Möglich sei, dass die Bundeswehr versuche, "Informationen nicht nach außen zu geben", sagte der Grünen-Politiker weiter.

Auf seine mehrfachen Anfragen über die Arbeit des KSK in Afghanistan sei ihm vom Verteidigungsministerium zwar ausweichend geantwortet worden, sagte Ströbele dem Blatt weiter. Zugleich betonte er: "Nie wurde gesagt: Wir haben darüber keine Unterlagen."

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