Schikanen gegen Bundeswehr-Rekruten:Struck droht Ausbildern mit Entlassung

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Die Ansage des Bundesverteidigungsministers ist deutlich: Untergebene zu misshandeln sei "in keiner Weise tolerierbar". Mittlerweile hat ein Unteroffizier die Tatbeteiligung gestanden.

Von Reymer Klüver

Die Misshandlung von Rekruten der Bundeswehr soll harte Konsequenzen für die Ausbilder haben. Verteidigungsminister Peter Struck sagte am Mittwoch in einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses des Bundestags, die Vorfälle in der Ausbildungskompanie in Coesfeld seien "in keiner Weise tolerierbar".

Wer Untergebene misshandele, habe in der Bundeswehr nichts zu suchen und müsse seine Uniform ausziehen. Struck nannte es "bedenklich", dass die Rekruten sich nicht über die Behandlung beschwert hätten. Der Minister kündigte eine Untersuchung an, ob aus der stärkeren Ausrichtung der Bundeswehr auf Auslandseinsätze Konsequenzen für die innere Führung zu ziehen seien.

Die persönliche Schuld der Ausbilder in Coesfeld müsse nun von der Staatsanwaltschaft untersucht werden. Auch die Bundeswehr werde Disziplinarmaßnahmen ergreifen.

"Kartell des Schweigens"

Der Verteidigungsexperte der Union, Christian Schmidt (CSU), begrüßte die "offensive Darstellung" der Vorgänge durch Struck. Der Minister habe den "politischen Ernst des Problems" erkannt. Schmidt beunruhigte allerdings dennoch ein "Kartell des Schweigens", wie er formulierte.

Es müsse untersucht werden, warum keines der Misshandlungsopfer sich gemeldet habe. Das Ministerium müsse zudem prüfen, ob eine Änderung der Dienstaufsicht oder der Ausbildungsvorschriften nötig sei. Die Bundeswehr dürfe allerdings nicht unter Generalverdacht gestellt werden.

Der SPD-Wehrexperte Rainer Arnold erklärte nach der Anhörung, dass das Verhalten der Ausbilder in "keinster Weise" toleriert werden könne. Sie hätten gegen eine ausdrückliche Weisung des Heeresführungskommandos vom Februar verstoßen, nach der Gefangennahme nicht in der Grundausbildung geübt werden dürfe.

Arnold wies darauf hin, dass es sich trotz der "unglaublichen Ausbildungsmethoden" nicht um Folter gehandelt habe. Auch er betonte, dass "das Schweigen der Rekruten" intensiv untersucht werden müsse.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Nachtwei, unterstrich ebenfalls, dass ein Training für eine Geiselnahme nichts in der Grundausbildung zu suchen habe. Der Ausschuss sei einhellig der Meinung, dass es sich um ein "außergewöhnliches und schlimmes Vorkommnis" handele.

Der FDP-Verteidigungsexperte Günther Nolting warnte vor einer "Pauschalverurteilung der Bundeswehr". Es sei "grundweg falsch", den Vorfall als Spitze eines Eisbergs zu bezeichnen. Die Bundeswehr habe sich in fast 50 Jahren "als vorzeigbare Parlamentsarmee bewährt".

Inzwischen hat ein Ausbilder eine Tatbeteiligung gestanden. Der 26 Jahre alte Unteroffizier gab zu, Rekruten mit Stromstößen aus einem Feldtelefon gequält zu haben. Seinem Anwalt zufolge bereue er inzwischen die Misshandlungen. Die Staatsanwaltschaft Münster ermittelt gegen 20 Unteroffiziere und einen Hauptmann aus der 7. Ausbildungskompanie des Instandsetzungsbataillons 7, die in Coesfeld in Nordrhein-Westfalen stationiert ist.

Die Vorgesetzten sollen im Sommer mehrere Monate lang Rekruten am Ende der Ausbildung misshandelt haben.

© SZ vom 25.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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